Ralf Rangnick hat seine ersten Ideen vermittelt. Es liegt an den Spielern, diese auch umzusetzen.

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Also wurde für den Ernstfall geübt.

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Auch Dehnen ist Teil des Geschäfts.

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Und es wollen auch Autogrammkarten signiert werden.

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Dass in Österreich jeder zweite Fußballplatz "Arena" heißt, ist ein Spezifikum und egal. Also macht auch der Kurort Bad Tatzmannsdorf diese Übertreibung mit. Der ansässige Verein ist schlecht, wirkt in der 1. Klasse Süd Burgenland mit, spielt dort eine absolut untergeordnete Rolle, hat keinerlei Perspektiven.

Am Montagvormittag war in der Arena das Gegenteil angesagt. Österreichs Teamchef Ralf Rangnick leitete sein erstes Training. Die Schüler und Schülerinnen aus der Umgebung hatten zwei Stunden freibekommen, rund 300 füllten die Arena. Sie bekamen Mineralwasser und leere Salzstangerln als Verpflegung, Jausen müssen nicht immer legendär sein.

Eine nicht repräsentative Umfrage unter Acht- bis Zehnjährigen ergab, dass 50 Prozent den Namen Rangnick nie gehört haben. 80 Prozent waren enttäuscht, dass David Alaba noch nicht da ist. Die Hälfte davon wusste immerhin, dass er mit Real Madrid die Champions League gewonnen hat. Ein fachkundiger Bub aus Oberschützen sagte, er erwarte von Rangnick Folgendes: "Wir sollen endlich wieder gewinnen, nicht wie beim anderen." Kindermund tut Wahrheit kund. Das gilt auch für Betrunkene, aber am Vormittag waren nur Nüchterne da.

Um 10.30 Uhr ist Rangnick erschienen. Im Trainingsanzug. Der Weg vom Hotel Avita zur Arena geht steil bergab, der Rückweg ist logischerweise beschwerlicher, aber für einen 63-jährigen durchaus bewältigbar. Aus dem Lautsprecher krächzte Schlagermusik und I love it when a plan comes together aus der Serie Das A-Team, der Song hatte etwas Symbolisches.

Die Drohne

Das Wetter passte, die Sonne blinzelte durch die Wolken. Marko Arnautovic hat als Letzter den Rasen betreten, er bekreuzigte sich, alles wie gehabt. Rangnick versammelte die 23 Kicker im Mittelkreis, hielt eine kurze Ansprache. Dehnen und Aufwärmen unter der Anleitung von Sportwissenschafter Gerhard Zallinger, er ist für die Belastungssteuerung zuständig. Über der Arena schwebte eine Drohne, Rangnick will alles wissen, alles sehen. Er stand da, die Arme vorne verschränkt, unterhielt sich mit seinen Assistenten.

Gefühlsausbrüche waren keine zu vernehmen. Er beobachtete stoisch das Geschehen. Es ging zur Sache, es sollten intensive, aufreibende 85 Minuten werden. In zwei Gruppen wurde zunächst Anlaufen mit Extrem-Pressing praktiziert. Auf dem verkleinerten Feld folgten zwei zehnminütige Einheiten mit zwei Mannschaften. Nicolas Seiwald und Xaver Schlager hatten speziellen Stress, sie unterstützten jeweils das Team, das im Ballbesitz war. Sie waren durch gelbe Leiberln gekennzeichnet. Danach ein halbstündiges Match "Weiß" gegen "Blau", Seiwald und Schlager waren Teil nur einer Formation, wie es im Fußball Usus ist.

Konrad Laimer erzielte das erste Tor in der neuen Ära, Martin Fraisl kassierte es. Marco Friedl stellte per Eigentor auf 2:0 für die "Weißen" (wuchtiger Kopfball in die falsche Richtung), Andreas Weimann konnte für "Blau" auf 1:2 verkürzen. Abpfiff, ein paar Worte von Rangnick im Mittelkreis, Autogramme und Selfies für die kreischende Jugend. Auch Rangnick unterschrieb, beteiligte sich an der Kundenbetreuung. Worauf ein Mädchen verblüfft war. "So eine schöne Unterschrift."

Stürmer Sasa Kalajdzic fasste seine ersten Eindrücke wie folgt zusammen: "Rangnick ist sehr positiv und professionell, er betont das Wir. Das erste Training war intensiv, anstrengend. Ich bin neugierig, was morgen passiert." Auch Christoph Baumgartner war angetan: "Es ist ans Limit gegangen, ein knackiger Start. Der Mann hat Erfahrung, ist strukturiert, hat klare Ideen. Es wird spannend."

Die Bekanntschaft

Apropos spannend: Am Dienstag lernt Rangnick endlich Landeshauptmann Hans Peter Doskozil kennen, das Burgenland und der Fußballbund feiern ihre 25-jährige Partnerschaft. Die weiteren Trainings finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Am Freitag wird anlässlich der Nations League in Osijek gegen Kroatien gespielt. Es folgen die Treffen mit Dänemark und Frankreich in Wien und noch einmal Dänemark, allerdings in Kopenhagen. Alles binnen elf Tagen. Das Ernst-Happel-Stadion ist übrigens keine Arena. (Christian Hackl, 30.5.2022)