Mit dem Robert-Hochner-Preis der Gewerkschaft ausgezeichnet: "ZiB 2"-Moderator Martin Thür.

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Eva Linsinger war Medienlöwin, am Montag wurde die "Profil"-Journalistin mit dem Kurt-Vorhofer-Preis ausgezeichnet.

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Wien – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Montag die beiden von der Journalistengewerkschaft ausgeschriebenen Auszeichnungen – den Robert-Hochner-Preis sowie den Kurt-Vorhofer-Preis – verliehen. Ausgezeichnet wurden Profil-Innenpolitikjournalistin Eva Linsinger und ZiB 2-Moderator Martin Thür. Mit dem Sonderpreis ausgezeichnet wurden Miriam Beller, Paul Krisai und Carola Schneider vom ORF-Büro in Moskau.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen erinnerte in seiner Rede, dass Österreich im aktuellen Pressefreiheitsindex 14 Plätze verloren habe und auf Rang 31 abgestürzt sei. Die Bedeutung von Qualitätsjournalismus sei wichtiger denn je. "Medien sind unabdingbare Voraussetzungen einer informierten Öffentlichkeit, für das Funktionieren von Demokratie", sagte Van der Bellen.

Kontrolle durch Journalismus sei ein "Grundnahrungsmittel liberaler Demokratien", so Van der Bellen. Die Medienförderung müsse besser ausgestattet werden. Corona, Krieg und Inflation: Derzeit kumulierten die Krisen, was dazu führe, dass die Unsicherheit in der Bevölkerung zunehme. "Das Bedürfnis nach einfachen Antworten steigt", sagte Van der Bellen bei seiner Eröffnungsrede. Zentrale Aufgabe des Qualitätsjournalismus sei es, hier Orientierung mit Recherche zu geben. Und das gehe nur, wenn die Redaktionen nicht ausgedünnt würden.

Systemische Exzesse

Korruption durch Inseratenvergabe, Kritik an der Medienförderung, Forderungen nach Transparenz waren zentrale Themen in den Reden beider Preisträger.

Linsinger verwies auf das ambivalente Verhältnis von Politik und Journalismus in Österreich. Dieses sei durch zu viel Nähe belastet – "eine Extremform von embedded journalism". Es sei "kein Zufall, dass von Wien bis Bregenz Inseratenaffären ruchbar werden, sie sind Exzesse des Systems."

Eine Verzerrung des "ohnehin dysfunktionalen Medienmarkt", sieht Linsinger in der "aus dem Ruder gelaufenen Unsitte, freihändig, ohne Qualitätskriterien, wahnwitzige Millionenbeträge an Regierungsinseraten zu verteilen – auf Steuerzahler-Kosten, wohlgemerkt – und damit vor allem den Boulevard".

Die Gegenwart sei mit Krieg, Energiekrise, Teuerung, Pandemie zu ernst für populistische Showpolitik, führte Linsinger aus. Sie sei auch zu ernst für "atemlosen Celebrity-Journalismus" und "ähnlichen Firlefanz". Linsinger: "Mehr Ernsthaftigkeit, mehr Transparenz, mehr Qualität, trockengelegte Inseratensümpfe, mehr Mut zur Selbstkritik: So können Medien Vertrauen wieder gewinnen."

Augenhöhe und Handwerk

"Das Publikum wird uns auch in Zukunft nur vertrauen, wenn wir glaubwürdig und unbeeindruckt berichten", sagte Hochner-Preisträger Thür. "Dazu müssen wir uns auf Augenhöhe begeben. Unsere Aufgabe ist es nicht, Informationen von einer Kanzel aus zu verkünden, wir müssen Menschen mehr denn je davon überzeugen, warum Nachrichten relevant sind und warum Journalismus für unser Zusammenleben, für unsere Demokratie so wichtig ist."

Thür erinnerte aber auch an das Handwerk: "Journalistinnen und Journalisten sind dazu da, die Luft wieder rauszulassen. Das funktioniert in den letzten Jahren aber nicht mehr so, wie es soll. Fotos und Inhalte produziert von Ministerien füllen Zeitungs- und Online-Seiten, wenn keine Ressourcen für die Recherche vorhanden sind, wird die Frage zur Headline." Der ZiB 2-Journalist nennt es "die dunkle Seite des

Medienwandels". Und: "Niemand braucht einen Journalismus, der vorgefertigte Meinungen verstärkt, sondern einen, der Verantwortungsträger an ihre Verantwortung erinnert."

Nichts passiert

Bei den Worten Medienförderung, Amtsgeheimnis und Inseratenvergabe wähnt sich Journalisten-Gewerkschafter Eike Kullmann "in einer Dauerschleife". Seit Jahren fordere die GPA Qualitätskriterien bei Journalismusförderung und Tranparenz. "Aber was passiert: nichts", sagte Kullmann.

Beide Auszeichnungen werden von der Journalistengewerkschaft vergeben. Sie sind mit je 7.500 Euro dotiert. Die Entscheidung trifft eine von der Gewerkschaft ernannte Jury. (red, 30.5.2022)