Späte Ehren für eine Umstrittene: Neue Museumsdirektorin Agnes Husslein-Arco.

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Wenn das neue Privatmuseum in der Wiener Innenstadt ab Ende der Woche Einblick in die Heidi Horten Collection gewährt, dann kehrt Agnes Husslein-Arco auch offiziell als Direktorin einer Institution auf die Bühne der Kunstszene zurück: in eine Welt, in der Managementfähigkeiten mittlerweile stärker gefragt sind als wissenschaftliche Expertise. In ein Milieu, in dem das richtige Netzwerk für Künstler oft mehr Gewicht hat als ein abgeschlossenes Akademiestudium. Und in eine Branche, deren Wohlwollen die 1954 in Wien geborene Enkelin des Malers Herbert Boeckl trotz kleinerer Widrigkeiten weiterhin genießt.

Selbst am Tiefpunkt ihrer Karriere, als ihr teils fragwürdiger Umgang mit Mitarbeitern und Verstöße gegen Compliance-Richtlinien diskutiert wurden, wusste die damalige Belvedere-Direktorin viele Unterstützer hinter sich. Vor allem aus dem Kunsthandel, der stets und tunlichst weiterhin von ihren Shoppingtouren als Beraterin der Milliardärswitwe Horten profitieren wollte.

Am Höhepunkt der Debatte, die dem Abgang aus dem Bundesmuseum 2016 vorausging, rechtfertigte die ob der Kritik der "Kunstfeinde" erboste Fangemeinde gar eine für das Gassigehen mit Hussleins Hündchen abgestellte Mitarbeiterin und einen Privatjet obendrauf. Denn die ehemalige Eiskunstläuferin und studierte Kunsthistorikerin, die zwischendurch bei der Nationalratswahl 1994 für die ÖVP kandidierte, hat durchaus ihre Qualitäten.

Projekt "Heidi Horten"

Beispielhaft dafür steht auch das über Jahrzehnte entwickelte Projekt "Heidi Horten", das in den 1990er-Jahren seinen Anfang nahm. Husslein war damals Geschäftsführerin des Auktionshauses Sotheby’s in Österreich und begann die vermögende Klientin bei Kunstankäufen zu beraten. Diese fungierte ihrerseits fortan als Leihgeberin an diversen Wirkstätten ihrer Freundin, etwa auch im Leopold-Museum, wo die Ehefrau des prominenten Gynäkologen Peter Husslein zuletzt im Vorstand saß.

Die mit rund 170 Werken aus der Horten Collection bestückte Wow!-Schau bescherte dem Haus 2018 einen Besucherrekord. Ein Verdienst, das mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst belohnt wurde und die Inszenierung der Milliardärin als Mäzenin krönte. Husslein-Arco führte dabei Regie. Sie war es auch, die die "prime location" entdeckte: den von einer Beamtenburg zum Palais Goëss-Horten umgebauten Standort, an dem jetzt ihre letzte Ära als Museumsdirektorin beginnt. (Olga Kronsteiner, 30.5.2022)