Andere Länder, andere Sitten: Dies gilt auch in Puncto Staatsbürgerschaftsrecht.

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Auch wenn Kritiker das heimische Staatsbürgerschaftsrecht als zu streng oder gar unfair erachten, ist es international gesehen nicht ungewöhnlich, dass ein Staat seinen Neubürgern harte Bedingungen auferlegt. Im Wesentlichen wird im Staatsbürgerschaftsrecht zwischen zwei Systemen unterschieden: dem ius soli und dem ius sanguinis – also dem Recht des Bodens respektive des Blutes.

Demnach wird automatisch Staatsbürger, wer im Land geboren wird oder wessen Eltern schon Staatsbürger waren. Das uneingeschränkte ius soli gilt bis auf wenige Ausnahmen fast ausschließlich in vielen Staaten Nord- und Südamerikas, das bekannteste Beispiel sind die USA.

In den meisten dieser Länder gilt jedoch zusätzlich auch das Abstammungsprinzip, während dies im Umkehrschluss nicht für Staaten mit uneingeschränktem ius sanguinis der Fall ist. Meist ist eine Mischform mit zusätzlichen Auflagen abgesichert, sodass der Erwerb der Nationalität nicht zu willkürlich wird. Staaten wie Kanada, die von Befürwortern einer Aufweichung des österreichischen Rechts immer wieder als liberaleres Beispiel angeführt werden, setzen hohe Hürden für Anwärter. Diese müssen vor der Antragstellung einen mindestens drei Jahre dauernden regulären Aufenthalt binnen fünf Jahren nachweisen können, unbescholten sein, Steuern bezahlt haben, des Englischen oder Französischen mächtig sein und einen Staatsbürgerschaftstest sowie einen Eid ablegen.

Schweizer Sonderweg

Eines der ungewöhnlichsten Systeme hat die Schweiz: Über Einbürgerungen wird nicht auf Bundesebene entschieden, das Bürgerrecht wird über die Gemeinden erworben. Der Bund prüft nur die Mindestanforderungen: Dazu gehören ein zehnjähriger Aufenthalt im Land und eine erfolgreiche Integration. Die Kantone und Gemeinden können dabei noch höhere Anforderungen an den Bewerber stellen, der sich außerdem vor einer Kommission bewähren muss. Mehrfache Staatsbürgerschaften sind dafür anders als in Österreich bei der Einbürgerung kein Problem. (Michael Vosatka, 31.5.2022)