Das Motiv und nähere Tatumstände sind derzeit noch Gegenstand der Ermittlungen.

Foto: APA / Lukas Huter

Reutte – In der Tiroler Bezirkshauptstadt Reutte dürfte es am Montagnachmittag zu einem Tötungsdelikt an einer 17-jährigen Österreicherin gekommen sein. Laut Polizei beging der mutmaßliche Täter – ihr 18-jähriger deutscher Freund – Suizid. Der jungen Frau waren mehrere Stichwunden im Brustbereich zugefügt worden. Sie wurde tot in einem Auto aufgefunden. Ein Klappmesser wurde am Tatort sichergestellt, vermutlich handelt es sich um die Tatwaffe.

Ein genaues Motiv und ein genauerer Hintergrund der Tat blieben vorerst weiter unklar. Derzeit würden Bekannte der beiden befragt, berichtete LKA-Leiterin Katja Tersch am Dienstag zum aktuellen Ermittlungsstand. Der Tatverdächtige sei nicht polizeibekannt. "Es liegt weder eine polizeiliche Vormerkung, noch ein Betretungsverbot oder eine Wegweisung vor", sagte Tersch.

Die Polizei war auf die Tat durch eine Passantin aufmerksam gemacht worden, die Montagabend den Suizid des Mannes gemeldet hatte. Daraufhin wurde auch die Leiche der 17-Jährigen in einem Auto auf einem Parkplatz gefunden. Die Obduktion der beiden Toten werde am Dienstag durchgeführt, hieß es.

Femizide nur "die Spitze des Eisbergs"

Laut der Leiterin des Frauenhaus Tirol, Gabriele Plattner, wird ein Femizid selten im Affekt begangen, wie sie im APA-Gespräch ausführte. Zumeist lägen auch "gewaltförmige Beziehungsmuster" vor. Femizide seien "lediglich die Spitze des Eisbergs", wenn es um Gewalt an Frauen gehe. Es bestehe "großer Aufholbedarf" in puncto Geschlechtergerechtigkeit und Gewaltschutz. Bei den Femiziden liege Österreich "im traurigen europäischen Spitzenfeld", hielt Plattner fest.

Die Tiroler Gewaltschutzexpertin pochte auf "ausgebaute Kooperation und Vernetzung zwischen Frauenorganisationen und Unterstützungseinrichtungen sowie Zusammenarbeit mit Polizei und Gerichten". Die Schaffung von Geschlechtergerechtigkeit und den Abbau von Abhängigkeitsverhältnissen sah sie als "dringende Aufgabe der Politik". Aus dem Umstand, dass es sich um zwei sehr junge Menschen handelte, leitete Plattner die Forderung ab, mehr in Präventionsarbeit für Teenager zu investieren, etwa in Form von Informationsveranstaltungen an Schulen.

SPÖ sieht "Lücken im Gewaltschutz"

Die Tat führte auch zu politischen Reaktionen. SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner forderte in einer Aussendung erneut einen Krisengipfel mit Frauenorganisationen und Gewaltschutzeinrichtungen. "Kein Tag vergeht, ohne dass einer Frau Gewalt angetan wird", kritisierte sie.

Die Bundesregierung sei bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention säumig. Holzleitner forderte 228 Millionen Euro und 3.000 zusätzliche Vollzeitstellen angesichts der offensichtlichen "Lücken im Gewaltschutz". (APA, 31.5.2022)