Gerade im Online-Handel sind Dark Patterns Gang und Gäbe.

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Die Theorie klingt eigentlich recht einfach: Die Nutzeroberfläche einer Webseite sollte im Optimalfall so gestaltet sein, dass sie den Nutzern die Erledigung der anvisierten Aufgabe so einfach wie möglich macht – also etwa beim Buchen einer Reise hilfreich zur Seite steht oder auch Informationen möglichst übersichtlich und ohne unnötige Umwege zur Verfügung stellt.

In der Praxis ist das alles natürlich etwas schwieriger, immerhin gilt es bei der Entwicklung von komplexen Seiten viele Faktoren zu beachten. Besonders schwierig wird es aber dort, wo finanzielle Interessen dahinterstehen. Hier kommen dann nämlich fast immer sogenannte Dark Patterns zum Einsatz, wie eine aktuelle Studie der EU aufzeigt.

Weitreichendes Problem

97 Prozent der populärsten Webseiten verwenden demnach manipulative Tricks, um die Nutzer zu etwas zu bringen, was sie eigentlich gar nicht machen wollen, berichtet heise.de. Dabei werden dann Optionen, die zusätzlich etwas kosten, deutlich stärker herausgestrichen oder auch die Reihenfolge der Knöpfe gezielt verändert, um die User dazu zu bringen, auf etwas zu klicken, was sie gar nicht wollen.

Gleichzeitig werden andere Optionen gezielt versteckt oder sind nur mühsam zu erreichen – von Cookie-Bannern dürfte das vielen bekannt sein. Überhaupt zählen versteckte Informationen und falsche Hierarchien der Studie zufolge zu den am häufigsten vorkommenden Dark Patterns.

Stress machen

Gerade bei Onlinehändlern weit verbreitet: Countdown-Timer, die den Besuchern gezielt Stress machen sollen. So wird dann etwa auf Reiseseiten mit manipulativen Informationen aller Art der Eindruck vermittelt, dass ein Zimmer in wenigen Sekunden weg ist, wenn man nicht schnell zuschlägt.

Kombiniert wird das oftmals mit irreführenden Verfügbarkeitsangaben sowie nervenden Hinweisen, dass irgendwer in der gleichen Gegend gerade ein Zimmer gebucht hat. Das ist zwar bei ruhiger Betrachtung für die betroffene Person zumeist komplett irrelevant, erhöht aber den Druck, rasch zu buchen.

Belegbare Auswirkungen

Diese psychischen Effekte sind auch nicht bloß eine Hypothese, sie lassen sich konkret nachweisen. So haben die Forscher für die Studie in einem Laborversuch mit 120 Teilnehmern auch die neurophysiologischen und psychologischen Reaktionen auf Dark Patterns untersucht. Demnach haben etwa Pop-up-Fenster bei den Probanden eine erhöhte Herzfrequenz ausgelöst – ein Zeichen für Angst und Stress. Zudem zeigte sich, dass Dark Patterns die untersuchten Personen generell oftmals frustriert und verwirrt zurücklassen.

In einem Online-Experiment wurden zudem 7.430 Teilnehmer aus unterschiedlichen Ländern im Umgang mit Dark Patterns beobachtet. Dabei zeigte sich wiederum, dass diese Tricks durchaus funktionieren. Gerade die Manipulation von Emotionen, aber auch das Verstecken von Informationen führe dazu, dass die Testpersonen Entscheidungen treffen, die von ihren eigentlichen Absichten und Präferenzen abweichen.

Verbot

Das Fazit der Studienautoren fällt insofern eindeutig aus: Solche Praktiken sollten vollständig verboten werden. In diesem Zusammenhang sieht man auch die EU-Gremien gefordert. Zwar enthalte der geplante Digital Services Act eine Klausel gegen Dark Patterns, die konkrete Formulierung ist den Forschern aber zu vage. Angesichts der klaren Studienergebnisse sollten einzelne Muster wirklich gezielt untersagt werden, um das Problem mit Dark Patterns endlich in den Griff zu bekommen. (apo, 31.5.2022)