Rafael Nadal will es noch einmal wissen. Doch auf der anderen Seite steht Novak Djokovic.

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Der Court Philippe Chatrier ist Nadals Wohnzimmer – aber nicht am Abend.

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Es steht geschrieben, und was Wahres hat es schon: "Victory Belongs to the Most Tenacious".

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Paris – Am Dienstagabend (21.00 Uhr/live ServusTV, Eurosport) kommt es bei den mit 43,6 Mio. Euro dotierten French Open zum Viertelfinale der Giganten zwischen Novak Djokovic und Rafael Nadal. Die Form spricht für den Serben, die Geschichte für den Spanier. Nadal deutete an, dass es sein letzter Auftritt in Paris sein könnte.

War es nur ein Schmäh, um nicht in der ungeliebten Night Session antreten zu müssen? Oder befindet sich Rafael Nadal in Paris auf Abschiedstour? Nach seinem hart erkämpften Fünfsatzsieg im Achtelfinale gegen Félix Auger-Aliassime über 4:21 Stunden sagte der am Freitag 36 Jahre alt werdende Spanier mit Blick auf das Gigantentreffen mit Djokovic: "Das wird vielleicht mein letztes Match in Roland Garros, und ich würde dieses gerne am Tag spielen."

Abendspiel: Vorteil Djokovic

Nun, Nadals vielleicht letzter Wunsch am Ort seiner größten Triumphe wurde nicht erhört. Wie erwartet wurde die Partie am Abend angesetzt. Und dadurch sieht sich der 13-fache Roland-Garros-Sieger im Nachteil, wie er deutlich machte: "Ich spiele nicht gerne nachts auf Sand. Die Luftfeuchtigkeit ist höher, der Ball ist langsamer und die Bedingungen können sehr, sehr 'heavy' sein, besonders wenn es kalt ist."

Die für Nadal schwerwiegendste Auswirkung am Abend ist, dass sein extremer Topspin einen Teil der Wirkung verliert. Dessen ist sich natürlich Djokovic bewusst. Auf die Frage, ob er lieber am Tag oder am Abend spielen würde, meinte der Serbe: "Ich kann nur sagen, dass Rafa und ich unterschiedliche Anträge stellen würden."

Kraftaufwand: Vorteil Djokovic

Nicht nur, dass das heiß erwartete Duell als Night Session steigt, spricht für Djokovic. Der Weltranglisten-Erste und Titelverteidiger kam bisher mit bedeutend weniger Kraftaufwand durchs Turnier. In allen vier Partien blieb er ohne Satzverlust, nur einmal, in der zweiten Runde gegen den Slowaken Alex Molcan, gab er in einem Satz mehr als drei Games ab. "Roland Garros ist immer auch ein physischer Kampf", weiß Djokovic.

Nadal bleiben dagegen nur 48 Stunden, um sich von den Strapazen der intensiven Partie gegen Auger-Aliassime zu erholen. Zudem stellt sich die Frage, wie sehr ihn die chronischen Probleme am linken Fuß im fünften Match innerhalb acht Tagen beeinträchtigen. Beim Müller-Weiss-Syndrom handelt es sich um eine Deformation des Mittelfußknochens.

Verletzung: Vorteil Djokovic

Wohl deshalb schied der Spanier in Rom, beim letzten Turnier vor dem zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres, bereits im Achtelfinale gegen Denis Shapovalov aus. Gegen Ende der Partie konnte sich Nadal kaum noch bewegen, auch seine Körpersprache wirkte besorgniserregend.

"Ich bin nicht verletzt. Ich bin ein Spieler, der mit einer Verletzung lebt", sagte er hinterher. Die Schmerzen seien einmal stärker, einmal weniger stark. Auf Dauer würden sie ihm das Glück im Leben nehmen, schilderte er. "Der Moment wird kommen, an dem mir mein Kopf sagt, genug ist genug."

Formkurve: Vorteil Djokovic

Ohnehin spricht der Formstand für den ein Jahr jüngeren Djokovic, dem anzumerken ist, wie sehr er diesen 21. Grand-Slam-Titel will, mit dem er wieder mit Nadal gleichziehen würde. Bei den Australian Open war er im Jänner wegen der Posse um seine Einreise als Ungeimpfter zum Zuschauen verdammt. Er musste zusehen, wie Nadal die Gunst zum Triumph nutzte – und geriet selber zwischenzeitlich aus der Bahn. Nun fand er rechtzeitig wieder zu alter Stärke.

Nadal kann seine Zuversicht in Paris vor allem daraus schöpfen, dass ihn auf Sand und im Westen von Paris so leicht keiner bezwingt. Seine unglaubliche Bilanz am Bois de Boulogne steht bei 109 Siegen und drei Niederlagen. "Rafa in Roland Garros ist die größte Herausforderung, die du haben kannst", sagte Djokovic. Für zwei der drei Niederlagen sorgte der Serbe selber, zuletzt bezwang er Nadal im Halbfinale des Vorjahres in vier Sätzen.

Bilanz: Vorteil Nadal

Dennoch ist Nadals Bilanz gegen Djokovic auf Sand positiv, insbesondere in Paris, wo der Spanier sieben von neun Begegnungen gewann, auf Sand 19 von 27. Insgesamt wird das Match das 59. Duell zwischen den beiden Rekordmännern, dabei steht es 30:28 für Djokovic.

Auf den Gewinner dürfte im Halbfinale übrigens der nächste große Prüfstein warten. Im zweiten Viertelfinale der oberen Tableauhälfte tritt der 19-jährige Wunderspieler Carlos Alcaraz gegen den Deutschen Alexander Zverev an. (APA; 31.5.2022)