Foto: APA/dpa/Fabian Sommer

Rauchen ist noch immer die am weitesten verbreitete Sucht in Österreich. Über die gesundheitlichen Folgen wurde und wird breit debattiert, weniger im Fokus war der Produktionsprozess von Tabak und seine Auswirkungen auf die Umwelt. Das soll sich nun ändern. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kündigte am Weltnichtrauchertag an, dass es im Herbst eine Nationale Tabak- und Nikotinstrategie geben wird, die sich auch damit auseinandersetzt.

Umweltbelastung

"Wir wissen alle, dass Rauchen schwere Gesundheitsrisiken bis hin zum Tod birgt. Man muss aber auch den Produktionsprozess von Tabak und seine Auswirkungen auf die Umwelt stärker in den Fokus nehmen. Anbau, Produktion, Konsum und Entsorgung haben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt – durch Energieverbrauch, klimaschädliche Emissionen sowie Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung", erklärte Rauch am Dienstag in einer Aussendung.

Weltweit werden demnach jährlich rund 3,5 Millionen Hektar Land für den Tabakanbau zerstört. Der Anbau trage auch zur Entwaldung von 200.000 Hektar pro Jahr und zur Bodenverschlechterung bei. Die Produktion erschöpfe den Planeten an Wasser, fossilen Brennstoffen und Metallressourcen. Aufgrund der Globalisierung der Lieferkette und des Verkaufs von Tabak würden ressourcenintensive Transportmittel genutzt. 4,5 Billionen Zigarettenstummel würden zudem jedes Jahr weltweit nicht ordnungsgemäß entsorgt, wodurch riesige Mengen Giftmüll entstehen und tausende Chemikalien in Luft, Wasser und Boden freigesetzt werden.

"Massive Schäden"

"Diese Fakten machen deutlich, dass Tabakkonsum in jeder Phase massive Schäden anrichtet. Mein Haus wird daher gemeinsam mit dem Klimaschutzministerium kontinuierliche und wirksame Maßnahmen ergreifen, um die negativen gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen des Konsums von Tabak- und neuartigen Produkten zu minimieren", kündigte Rauch an.

In der Aussendung wurde neben dem Umweltaspekt auch an den negativen Einfluss auf die Gesundheit erinnert. Etwa jede fünfte Österreicherin und jeder fünfte Österreicher raucht demnach täglich. Tabakrauchen (inklusive Passivrauchen) sei in Österreich gemäß aktuellen Schätzungen für 16 Prozent aller Todesfälle verantwortlich. Im europäischen Vergleich liege Österreich bei den täglich Rauchenden über dem Durchschnitt.

Ärmere rauchen eher

Ein näherer Blick auf die Statistik zeigt auch: Es besteht hierzulande auch ein deutlicher Zusammenhang von sozioökonomischem Status und Rauchverhalten. Personen mit niedrigerem Bildungsabschluss und Personen mit niedrigerem Haushaltseinkommen rauchen demnach häufiger und sind häufiger Passivrauch ausgesetzt.

Der Anteil der Rauchenden, die im vergangenen Jahr erfolglos versucht haben aufzuhören, ist hoch. 36 Prozent der täglich Rauchenden hätten das angegeben, heißt es, das entspreche hochgerechnet 570.000 Personen. Rund 40 Prozent der Aufhörwilligen seien Frauen, größtenteils zwischen 30 und 59 Jahre alt.

Vor diesen Hintergründen plant Rauch die Nationale Tabak- und Nikotinstrategie. Ein entsprechender Entwurf wird laut Aussendung aktuell unter Einbindung von 48 maßgeblichen Institutionen und Organisationen erarbeitet. Die ersten Schritte wurden bereits gesetzt: In zwei Erhebungsrunden seien der Status quo von bundesweit umgesetzten Maßnahmen sowie die spezifisch österreichischen Bedürfnisse und Notwendigkeiten erhoben worden.

Entwöhnung

Die Bandbreite der vorgeschlagenen Maßnahmen reicht demnach von Prävention und Aufklärung über den Ausbau von Entwöhnungsprogrammen bis hin zu gesetzlichen Erfordernissen. Die Strategie soll breit angelegt werden und neben herkömmlichen Tabak- und verwandten Erzeugnissen auch alle neuartigen Produkte (etwa Nikotinbeutel) umfassen sowie die Auswirkungen des Konsums auf Mensch und Umwelt berücksichtigen.

Die mehr als 600 zu nationalen Gegebenheiten und Bedürfnissen eingegangenen Beiträge sowie die Vorschläge würden derzeit mit internationalen Vorgaben, Empfehlungen, Erfahrungen und Erfolgsmodellen abgeglichen, um daraus konkrete Inhalte der nationalen Strategie abzuleiten. Darauf aufbauend sollen Arbeitsprogramme und Aktionspläne erarbeitet werden. Geplant ist, die Strategie im Oktober in Kraft zu setzen.

Nie zu spät

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hat die statistischen Zahlen zum Thema Rauchen im Zuge eines ÖGK-Gesundheitsbarometers analysiert und erklärte: Rauchen werde oft als ungesunde Angewohnheit abgetan, "dabei sind die Zahlen erschreckend". Ein Viertel der täglich Rauchenden habe bereits vor dem 15. Lebensjahr damit angefangen.

Es sei aber nie zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören: "Bei Menschen, die mit dem Rauchen aufhören, verbessert sich die gesundheitliche Verfassung deutlich. Bereits nach zwei bis drei Tagen wird das Risiko von Herzanfällen verringert. Nach zwei Wochen bis drei Monaten verbessern sich der Kreislauf und die Lungenfunktion, nach spätestens neun Monaten vermindert sich die Infektanfälligkeit, und eine normale Lungenfunktion kann wieder erreicht werden."

Die ÖGK nutzte die Aussendung auch, um Aufhörwillige auf ihre Unterstützung durch spezielle Programme hinzuweisen. "Der Weltnichtrauchertag ist ein guter Anlass, sich intensiv mit dem Problemfeld Rauchen auseinanderzusetzen und positive Veränderungen anzustoßen", betonte ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer. (APA, red, 31.5.2022)