Moore haben die Eigenschaft, dass in ihnen mehr Pflanzenmasse entsteht, als darin abgebaut wird, was sie zu einem wichtigen Speicher von Kohlenstoff macht.

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Sie galten als Treffpunkt schauriger Gestalten oder zumindest als ungeliebter, weil kaum nutzbarer Boden: Moore hatten jahrhundertelang einen schlechten Ruf. In der Folge wurden große Anstrengungen unternommen, um diese Flächen trockenzulegen und damit urbar zu machen. Angesichts des Klimawandels wäre es jedoch empfehlenswert, diese Entwicklung so weit wie möglich wieder umzukehren. Ein internationales Forschungsteam mit österreichischer Beteiligung erhebt derzeit die dafür nötigen Daten.

Die meisten Moore entstanden am Ende der letzten Eiszeit auf Flächen über wasserundurchlässigen Schichten. Charakteristisch für sie ist, dass in ihnen mehr Pflanzenmasse entsteht, als darin abgebaut wird. Das liegt daran, dass das abgestorbene Pflanzenmaterial von sauerstofffreiem Wasser umgeben ist, wodurch seine Zersetzung weitgehend gestoppt wird.

Verschiedene Arten

Unter dem Druck der darüberliegenden Schichten verdichtet sich das abgestorbene organische Material im Lauf der Zeit zu Torf. Oberhalb der Wasseroberfläche hingegen wachsen und sterben die Pflanzen weiter und sorgen so langsam, aber stetig für Torfnachschub an der Unterseite.

Je nach geologischen und klimatischen Bedingungen gibt es viele verschiedene Arten von Mooren. Die gängigste Unterscheidung ist jedoch die in Nieder- und Hochmoore: Niedermoore stehen mit dem Grundwasser in Verbindung, während Hochmoore nur von Niederschlag gespeist werden. Der Grund dafür sind die dort dominierenden Torfmoose: Sie speichern das 20-Fache ihres Trockengewichts an Wasser, und die dabei entstehende Torfschicht schneidet den Aufwuchs im Lauf der Zeit vom Grundwasser ab.

Wasserspeicher

Intakte Moore sind nicht nur Lebensraum für viele spezialisierte und entsprechend seltene Pflanzen- und Tierarten, sondern haben auch direkte positive Auswirkungen auf uns Menschen: So nehmen sie bei starken Niederschlägen das Wasser wie riesige Schwämme auf und geben es in der Folge durch Verdunstung langsam wieder ab, was einerseits vor Überschwemmungen schützt und andererseits Trockenheit mildert. Gleichzeitig speichern sie im Torf enorme Mengen an Kohlenstoff: Obwohl Moore nur drei Prozent der globalen Landfläche einnehmen, binden sie 30 Prozent des weltweiten Bodenkohlenstoffs.

Das gilt allerdings nur für einigermaßen intakte Moore: Werden sie trockengelegt, kommt der Torf mit Luft in Berührung, und der bislang durch das Wasser gestoppte Zersetzungsprozess läuft an. Abhängig davon, welche Mikroorganismen daran mitwirken, wird dabei Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid, Methan oder Lachgas frei, was die Erderwärmung weiter anheizt.

Wiedervernässung

Rund fünf Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen stammen aus trockengelegten Mooren, wobei Europa die zweitwichtigste Quelle nach Südostasien ist. Dementsprechend wäre es klimatechnisch eine gute Idee, den Torf wieder dauerhaft unter Wasser zu setzen.

Das international besetzte, in Österreich vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierte Projekt Princess (Peatland Rewetting in Nitrogen-Contaminated Environments, Restaurierte Niedermoore in einer stickstoffreichen Umwelt) untersucht derzeit, wie die Wiedervernässung von Mooren im Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft und Klimawandel am besten gelingen kann.

Unter Schutz

Zwar stehen die in Europa noch vorhandenen intakten Moore mittlerweile meist unter Schutz, aber allein in Österreich sind 90 Prozent der ehemaligen Moore beeinträchtigt bis zerstört; in Deutschland sind es gar 99 Prozent. All diese Flächen aus der Nutzung nehmen zu wollen wäre illusorisch.

Daher braucht es einen Ansatz, der ihnen erlaubt, ihre günstige Klimawirkung auch unter nicht rundum optimalen Bedingungen zu entfalten. Das erfordert Kompromisse zwischen Klimaproblematik, Einkommen für die Grundbesitzer und Biodiversität. Je nachdem, welcher Aspekt an einem bestimmten Standort Priorität haben soll, müssen bei den anderen notgedrungen Abstriche gemacht werden.

Dafür muss man aber erst einmal wissen, wie sie einander beeinflussen. "Bisher erfolgte die Renaturierung von Mooren ohne solches Wissen", erklärt der Geoökologe Stephan Glatzel vom Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien, der mit seinem Team die Treibhausgasbilanz der im Rahmen des Projekts untersuchten Moore bestimmt.

Zurück zur Wildnis

Untersuchungsobjekte des Projekts sind renaturierte Moore in den Niederlanden, Deutschland und Polen, die einen weiten Bereich abdecken: Während einige praktisch wieder zu Wildnis wurden, werden andere extensiv genutzt und wieder andere intensiv bewirtschaftet. Dabei werden in sogenannten Paludikulturen nässeliebende Pflanzen ohne Entwässerung kultiviert, etwa Schilf als Baumaterial oder Rohrkolben als Füll- und Dämmstoff. Beide Pflanzenarten wachsen extrem schnell und können überdüngtem Boden dabei viel Stickstoff entziehen, was prinzipiell wünschenswert ist. Welche Folgen das aber für die anderen pflanzlichen und tierischen Moorbewohner hat, ist laut Glatzel bislang unklar.

Dasselbe gilt für intensive Nutzung: Werden beispielsweise Rohrkolben gezielt angebaut und gepflegt, liefert das hohe Erträge für die Landwirte, aber die Auswirkungen auf Biodiversität, Treibhausgasausstoß und Kohlenstoffspeicherung sind bis jetzt unbekannt. "Ein Ziel des Projekts ist es, zu verstehen, welche Form der Wiedervernässung je nach den lokalen Gegebenheiten und Anforderungen optimal ist", erklärt Glatzel.

Wie Renaturierung gelingen kann

Während Niedermoore sich noch verhältnismäßig gut renaturieren lassen, sind Hochmoore deutlich heikler. Das Wichtigste ist, wie Glatzel erklärt, dass das Moor nicht in Kontakt mit dem Grundwasser tritt, denn dieses ist nährstoffreich und bedingt eine völlig andere Flora und Fauna als das nährstoffarme Regenwasser.

Das Schließen von Drainagegräben allein reicht deshalb gewöhnlich nicht aus, denn diese reichen oft bis ins Grundwasser. Glatzel sieht aber auch hier Hoffnung: "Wenn wir das Moor selbst und seine Vergangenheit gut kennen, dann glauben wir, dass wir sagen können, wie wir es innerhalb von Jahrzehnten wieder zu einem Hochmoor machen können." (Susanne Strnadl, 1.6.2022)