Wie schmackhaft gesunde Lebensmittel aussehen, liegt im Auge des Betrachters oder der Betrachterin. Forschende haben Hinweise darauf gefunden, dass auch Vermarktung und Storytelling gezielt eingesetzt werden können, um nachhaltigen Produkten ein attraktives Erscheinungsbild zu verleihen.

Foto: Heribert Corn www.corn.at

Viele Menschen sind, was Essen angeht, in gewisser Weise falsch programmiert: Sie greifen mit Begeisterung zu Süßigkeiten, Knabbereien oder Deftigem und weniger zu dem, was eigentlich gesünder wäre. "Wir haben irgendwo gelernt und verinnerlicht: Was gesund und nachhaltig ist, schmeckt uns nicht so gut", sagt Kathrin Heim. "Richtig genießen kann man eher die ungesunden Sachen."

Die Lebensmittelwissenschafterin ist Teil eines interdisziplinären Teams am Campus Wieselburg der FH Wiener Neustadt, das sich mit der Sensorik von Lebensmitteln beschäftigt. Konkret interessiert die Forschenden: Wie werden Konsistenz, Geruch und Geschmack der Nahrung durch die menschlichen Sinne beurteilt? Und warum entscheiden Konsumenten sich aufgrund dieser Einschätzungen für oder gegen bestimmte Produkte?

Unterschied zwischen Ideal und Handeln

Das Forschungsteam interessiert sich in dem Kontext besonders für nachhaltige und gesunde Lebensmittel. Es soll herausgefunden werden, wie Konsumbarrieren für klimafreundliche Produkte überwunden werden können. Die Forschenden erarbeiten daraus konkrete Praxismaßnahmen für die Entwicklung und Vermarktung von ökologischen Lebensmitteln.

Frühere Forschungen zu dem Thema zeigen: Es gibt hier einen großen Abstand zwischen den Idealen und dem tatsächlichen Handeln der Konsumentinnen und Konsumenten. Viele wollen etwa regional und biologisch einkaufen und betonen diese Werte in Befragungen. Im Supermarkt wird dann aber doch häufiger zu Produkten gegriffen, die dem nicht entsprechen. "Obwohl der Wille da ist, wird dann meistens anders eingekauft", sagt Heim. "Ein Grund könnte sein, dass mit nachhaltigen und klimafreundlichen Produkten ein geringeres sensorisches Erlebnis assoziiert wird."

Schmackhaftes Design

Die Forschenden wollen daher wissen, wie Produkte mit Mehrwert entwickelt und vermarktet werden müssen, um diese Konsumbarrieren abzubauen. "Was muss konkret in der Produktentwicklung getan werden, damit die Menschen, die schon gewillt sind, nachhaltig zu leben, das auch wirklich tun? Welche Informationen brauchen die Menschen, damit die Akzeptanz eines nachhaltigen und gesunden Produkts steigt?", sagt Heim.

An der Fachhochschule wird praxisbezogen geforscht: Die Antworten auf diese Fragen können beispielsweise für regionale Hersteller oder kleinere Start-ups spannend sein. Heim und ihr Team haben etwa einen Cracker entwickelt, der besonders nachhaltig und gleichzeitig gesund ist. Er wird aus einem Presskuchen gefertigt, der bei der Ölpressung zurückbleibt – ein Reststoff, der sonst entsorgt werden würde –, und besteht aus protein- und ballaststoffreichen Samen und Körnern. Auch bei der Herstellung anderer Lebensmittel, etwa Tofu, gibt es Nebenprodukte, die weiterverarbeitet und verzehrt werden könnten.

Trotz des großen Forschungsfeldes gibt es bereits klare Ergebnisse, wie Informationen zu diesen Produkten vermittelt und unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden müssen, um die "guten" Waren auch an die Konsumenten und Konsumentinnen zu bringen. Wie genau man die Vorteile aber kommuniziert und darüber informiert, ist nicht so einfach: Im Gegensatz zur Bezeichnung "biologisch", die durch Zertifizierungen definiert und auf der Verpackung angegeben ist, kann die Nachhaltigkeit eines Produkts nicht so einfach festgelegt werden.

Storytelling hilft

In ihrer Forschung ist der Begriff daher nicht genau definiert. "Der Begriff der Nachhaltigkeit ist schwierig zu kommunizieren und außerdem überstrapaziert. Es geht eher darum, wie der Konsument das selbst einschätzt. Wir haben herausgefunden, dass es am besten ist, den Begriff nicht direkt zu nennen, sondern Umschreibungen zu verwenden", sagt Heim. Im Fall des Crackers lautet das etwa: "Es werden 70 Prozent Reststoffe verwendet, damit kann ein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft geleistet werden."

Außerdem haben die Forschenden herausgefunden, dass Storytelling ein zentrales Tool ist, um die Kaufbereitschaft bei nachhaltigen Produkten zu steigern und auch das sensorische Erlebnis zu verbessern. Das gelingt, indem Konsumenten und Konsumentinnen ihre individuellen positiven Assoziationen und Emotionen mit dem Produkt verbinden können – etwa eigene Erinnerungen an schöne Kindheitstage in der Natur.

Omni- und Herbivorie

Schließlich hat sich auch gezeigt, dass insbesondere Menschen, die sich pflanzenbasiert ernähren oder das zumindest zeitweise tun, nachhaltige Produkte in Geschmack und Geruch besser beurteilen, wenn sie zuvor über die Vorteile informiert wurden. Die Entscheidung für pflanzenbasierte Ernährung hat oft mit der Sorge um die Umwelt zu tun sowie mit der Stärkung von Nachhaltigkeit, Tierwohl und der eigenen Gesundheit.

"Menschen, die sich omnivor ernähren, sind gegenüber solchen Produkten grundsätzlich auch aufgeschlossen, aber da steht immer der monetäre Vorteil an erster Stelle. Das nachhaltige Produkt kann interessant sein, es soll aber nicht teurer als das weniger nachhaltige Produkt sein", sagt Heim. Werden Lebensmittel mit Pluspunkten für Umwelt und Gesundheit zunehmend akzeptiert und gekauft, hat das schließlich auch einen gesellschaftlichen Mehrwert. (Pia Gärtner, 7.6.2022)