Luft- und Raumfahrttechnikerin Laura Bettiol.
Foto: Melanie Brejcha

Wissenschaftsmissionen im Weltall stellen besondere technologische Anforderungen. Die beteiligten Instrumente, Mechanismen und Antriebe müssen extrem präzise, langlebig und resilient sein.

Beim Forschungsunternehmen Fotec, einer Tochter der FH Wiener Neustadt, in dem neuartige Ionentriebwerke für Kleinsatelliten entwickelt wurden, arbeitet man seit einigen Jahren daran, diese Antriebstechnik auf ein neues Niveau zu heben, um auch bei den fordernden Wissenschaftsmissionen mitspielen zu können. Die Kleinsatellitenvariante des sogenannten FEEP-Antriebs wird seit 2016 im Spin-off-Unternehmen Enpulsion kommerzialisiert.

Mehr Treibstoff

Das Entwicklungsprojekt der Fotec in Richtung der anspruchsvollen "science missions" wird im Auftrag der Europäischen Raumfahrtagentur Esa durchgeführt, zu deren Budget auch Österreichs Klimaschutzministerium beiträgt. In diesem Projekt ist die 1989 geborene Luft- und Raumfahrttechnikerin Laura Bettiol stark engagiert: "Im Moment fokussieren wir beispielsweise auf die Ausweitung der Einsatzzeit unseres Antriebs. Das bedeutet unter anderem, dass wir die Thruster vergrößern müssen, um mehr Treibstoff unterzubringen. Das Ziel wäre, bis zu 60.000 Einsatzstunden zu erreichen", skizziert die Forscherin.

Der Antrieb arbeitet mit dem Element Indium als Treibstoff. Durch hohe Spannung werden dem verflüssigten Material im Thruster Ionen entrissen, die mit hoher Geschwindigkeit durch nadelförmige Strukturen entweichen und so für Schub sorgen.

Gute Balance

Bettiol übernimmt in der Entwicklung sowohl Forschungs- als auch Managementaufgaben. "Manche Projekte koordiniere ich. Da ist es wichtig, dass alle Beteiligten ein klares Ziel vor Augen haben und Leistungen gewürdigt werden", erklärt die Raumfahrttechnikerin. "In anderen stehe ich selbst als Forscherin im Labor. Derzeit bin ich etwa mit Langzeittests der Thruster beschäftigt, wobei ich ihre Leistung überwache und laufend optimiere."

Sowohl Forschung zu betreiben als auch Managementaufgaben zu übernehmen ist für Bettiol kein Widerspruch: "Ich achte auf eine gute Balance beider Welten", sagt sie. Ihr Weg in die Raumfahrttechnik begann mit einem regen Interesse an Astronomie in ihrer Jugend. Zusammen mit ihrem Mathematiktalent und der Vorliebe für praktisch anwendbares Wissen waren beste Voraussetzungen für das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik gegeben, das sie an der Università degli Studi di Padova verfolgte.

Wahl-Wienerin

Im Rahmen ihres Doktorats hatte sie auch die Möglichkeit, die International Space University in den USA zu besuchen. "Hier konnte ich nicht nur von vielen Experten der Space-Branche lernen, sondern auch von Mitstudierenden, die aus allen möglichen Bereichen kamen", sagt sie.

Österreich wurde auch deshalb zum Ziel ihrer Jobsuche, weil ihr Partner in Wien lebt. Aufgewachsen ist Bettiol aber "in einem kleinen Städtchen mitten im Nirgendwo", wie sie ihren Heimatort Nervesa della Battaglia im Norden Italiens beschreibt. "Ich liebe Wien", betont die Forscherin. "Manchmal vermisse ich hier aber die Nähe zum Meer – und die Sonne im Winter." (Alois Pumhösel, 4.6.2022)