Eine Neuerfindung ist sie wirklich nicht. Auch ihre Rückkehr zieht sich schon etwas länger hin. Doch jetzt gibt es wirklich kein Entkommen mehr. Die Tennissocke wird ü-ber-all getragen. Ein Indiz, dass sie im Mainstream angekommen ist: Sogar das "Morgenmagazin" der ARD, nicht unbedingt als Trendbarometer bekannt, hat unlängst das "Revival der Tennissocke" diagnostiziert. "Ich feier' das!", war in einer deutschen Einkaufsstraße zu vernehmen. In Österreich würden Umfragen wohl ähnlich ausfallen.

Denn die Tennissocke wird nun ganz selbstverständlich zu Kleidern, Shorts und Radlerhosen getragen. Ebenso wie das Prinzessin Diana schon Mitte der neunziger Jahre tat: Die Kombination aus Radlerhose, Sweater und schneeweißen Socken wurde zu einem ihrer bekanntesten Looks.

Selbst auf die Laufstege der italienischen Modemarke Gucci oder des französischen Labels Lacoste haben sich die sportlichen Teile in diesem Frühjahr verirrt. Das breitenwirksame Comeback, so ehrlich muss man sein, geht aber auf Kosten der anderen. Verlierer der Saison sind die Sneakersöckchen. Das sind jene Füßlinge, die sich nie so recht entscheiden konnten. Ihr Auftritt so lustlos wie halbgar: Will ich im Schuh verschwinden oder doch ans Tageslicht? Jetzt wird ihnen die Entscheidung abgenommen: Sie müssen in der Lade vergammeln.

Adidas ist derzeit ein beliebter Kooperationspartner. Im Lookbook für Gucci werden die Socken selbstverständlich hochgezogen.
Foto: Adidas x Gucci/ Carlijn Jacobs
Auch die Marke Lacoste sagt: Tennissocken gehen einwandfrei mit Schlapfen zusammen.
Foto: Julien DE ROSA / AFP

Nun also die Tennissocken. Sie sind das extrovertierte, weithin sichtbare Gegenstück zu den halben Dingern. Seit einiger Zeit werden sie noch dazu hochgezogen bis zum Anschlag. In so einigen Fällen bedeutet das: Das Markenlogo (wurscht, ob von Fila, Adidas oder Nike) sitzt gut sichtbar in Wadenhöhe. Im Sneaker zu verschwinden ist für diese Strümpfe keine Option.

Wusste schon 2018 Bescheid: Model Kaia Gerber.
Hier waren die weißen Socken ursprünglich zu Hause: Steffi Graf 1996 auf dem Tennisplatz.
Foto: imago images / Oliver Hardt

Nur wenige verweigern sich – so wie beispielsweise Steffi Graf. Deutschlands größte Tennisspielerin, die in den Neunzigern mit ihren Tennissocken eine ernstzunehmende Partnerschaft einging, ist aktuell auf dem Cover der deutschen "Vogue" zu sehen. Zumindest in der Fotostrecke mag sie sich nicht an dem Comeback beteiligen. Das ist durchaus verständlich. Wer will schon an den einstigen Arbeitsplatz erinnert werden?

H&M hat eine Keith-Haring-Kollektion herausgebracht. Auch hier: hochgezogene Socken.
Foto: H&M

Ein Ende des hochgezogenen Strumpfes ist übrigens nicht in Sicht. Die Tennissocken werden aber höchstwahrscheinlich durch rutschende Strickstrümpfe ersetzt. Vielleicht sind dann ja auch Zweifelnde wie Steffi Graf dabei. (Anne Feldkamp, 1.6.2022)