Bereits ab den 1960er-Jahren begab sich Oberhuber auf die Suche nach "verschütteter Geschichte der österreichischen Avantgarde".
Foto: Kunstsammlung und Archiv, Universität für angewandte Kunst Wien, Inv. Nr. HS 1/81/1/Pl

Ein hölzernes Rednerpult dominiert den Raum. An diesem Möbel ist Oswald Oberhuber gestanden und hat unterrichtet. Seit 1973 war der bedeutende österreichische Künstler und Ausstellungsmacher Professor an der damaligen Hochschule für angewandte Kunst in Wien, zwölf Jahre stand er ihr in toto bis in die 1990er-Jahre als Rektor vor. Eine prägende Zeit einer prägenden Person. In den 80ern gründete er die Kunstsammlung der heutigen Universität für angewandte Kunst, bereits ab den 1960er-Jahren begab er sich auf die Suche nach "verschütteter Geschichte der österreichischen Avantgarde".

Seine selbst entworfenen Funktionsmöbel (wie das Pult) stehen prominent in der aktuellen Ausstellung der Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof und bilden quasi ein Grundgerüst: Zarte Sekretariatstische oder ein massiver Aktensarg sind sogar heute noch in universitärer Verwendung. Die dicht gestaltete, gelungene Schau Schule Oberhuber. Eine Sammlung als Programm folgt im Grunde einem Gedanken: Oberhubers Sammlungspraxis und deren Relevanz für die österreichische Kunstgeschichte aufzuzeigen.

Abstrakte Komposition: Ilse Bernheimer war Teil Jugendkunstklasse von Franz Čižek.
Foto: kunst-dokumentation.com

Die heutige Sammlungsleiterin Cosima Rainer betont die Idee des 2020 verstorbenen Rektors, die Sammlung für Studierende aufzubauen und somit Facetten und historische Perspektiven aufzuzeigen, die parallel existierten. Mit dem Künstler Robert Müller (Ausstellungsarchitektur) kuratierte sie die Schau.

Ausstellung in der Ausstellung

Darin erinnern Plakate und Publikationen an Oberhubers Ausstellungen sowie an seine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Wiener Kunstgewerbeschule und ihrer Protagonisten während der NS-Zeit. Es werden Werke unterschiedlicher Kunsttendenzen nebeneinandergestellt, um im zentralen Raum die eigentliche "Schulausstellung" mit Werken aus der Zwischenkriegszeit zu zeigen – und so Oberhubers Konzept der "permanenten Veränderung" Ausdruck zu verleihen: Arbeiten der Jugendkunstklasse von Franz Čižek, der Werkstatt für Metallbearbeitung von Josef Hoffmann, Skulpturenköpfe von Oskar Strnad und Franz Hagenauer und faszinierende Zeichnungen von Erika Giovanna Klien und Marianne My Ullmann.

Zentraler Raum der eigentlichen "Schulausstellung" mit Werken aus der Zwischenkriegszeit.
Foto: kunst-dokumentation.com

Beeindruckend ist auch die Aktualität der Sammlung, speziell in Hinblick auf die von Oberhuber gesammelten Werke von Künstlerinnen, die danach lange im Kanon fehlten. So finden sich darin etwa 200 Werke der Künstlerin Friedl Dicker-Brandeis, deren große Soloschau bis gerade im Lentos in Linz lief – sowie zahlreiche Entwürfe von Frauen der Wiener Werkstätte, deren Biografien erst 2021 im Wiener Mak wiederentdeckt wurden. (Katharina Rustler, 1.6.2022)