Viktor Orbán sicherte für sein Land Ölliefergarantien der EU.

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Die Regierung in Kiew benötigt dringend nicht nur Waffen aus dem Westen, sondern vor allem auch direkte Finanzhilfen. Fünf Milliarden Euro seien allein nötig, um auch nur die nötigsten Basisleistungen des Staates abdecken zu können, und zwar monatlich, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel betonte.

Pensionen, Löhne etc. müssten bezahlt werden, was in Kriegszeiten von der Regierung unter Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht zu stemmen sei, wie dieser den Staats- und Regierungschefs versicherte. Diese haben beim Gipfel nicht nur über Details des Ölembargos gestritten, sondern sich geeinigt, dass die EU sofort neun Milliarden Euro an Makrofinanzhilfe aus dem Budget für die Ukraine bereitstellt. Laut von der Leyen schließt das an die jüngsten Beschlüsse der G7-Staaten an, die 9,5 Milliarden Euro an Hilfen bereitstellen: 7,5 Milliarden die USA, je eine Milliarde kommen aus Frankreich und Deutschland.

Daneben will die Kommission damit beginnen, einen Wiederaufbaufonds für die Ukraine für die Zeit nach dem Krieg zu schaffen. Es seien "kolossale Summen" notwendig, heißt es – hunderte Milliarden Euro. Alle Staaten, weltweit tätige Organisationen, Weltbank, Internationaler Währungsfonds sollen sich an einer EU-Plattform beteiligen.

Per Video zu Gast war der Chef der Afrikanischen Union (AU), Senegals Präsident Macky Sall. Er trug dem EU-Gipfel die "größte Sorge" der afrikanischen Staaten vor, dass der Ausschluss russischer Banken durch die Sanktionen die Lebensmittelknappheit noch beschleunigen könnte. Lieferungen über das Schwarze Meer sind empfindlich gestört.

Das sechste Sanktionspaket

Was das sechste Paket an EU-Sanktionen gegen Russland angeht, scheinen alle offenen Fragen jenseits des Ölembargos geklärt. Die größte russische Bank, die Sberbank mit einem Marktanteil von mehr als einem Drittel das größte russische Institut, wird aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen. Daneben werden drei vom Kreml gesteuerte TV-Sender ebenfalls auf die Sanktionsliste gesetzt, so wie eine Reihe von hochstehenden Persönlichkeiten aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin – darunter der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill.

Apropos Finanzhilfen: Beim Gipfel wurde auch über Energiesicherheit und den nachhaltigen Umbau der europäischen Energieversorgung gemäß dem Green Deal debattiert. Dabei holte sich Ungarns Premier Viktor Orbán, der in Sachen Ölembargo einige lukrative Ausnahmen für sein Land erpokert hatte, eine Abfuhr. Er wollte, dass Ungarn mehr EU-Finanzhilfe unter dem Titel Energiesicherheit bekommt, so wie andere Staaten auch, etwa Polen für den Kohleausstieg. Er wollte damit indirekt erreichen, dass die Blockade von EU-Geldern aus dem Wiederaufbaufonds, die die Kommission wegen seiner Rechtsstaatlichkeitsverstöße anwendet, unterlaufen wird. Damit blitzte er bei seinen Kollegen jedoch ab: Es wurde bekräftigt, dass EU-Gelder für Energiesicherheit an die Kriterien aus dem Corona-Aufbaufonds geknüpft werden. Budapest wird also Justizreformen liefern müssen, um an Geld zu kommen. (Thomas Mayer, 31.5.2022)