Das Kindschaftsrecht regelt die Beziehungen eines Kindes zu seinen Eltern, insbesondere Unterhalt und Obsorge.

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Wien – Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz haben Frauenorganisationen am Mittwoch Kritik an der geplanten Novelle zum Kindschaftsrecht geübt. Zusammen mit Expertinnen aus dem Justizbereich äußerten sie ihre Bedenken an den Regierungsvorhaben. Die Ziele der letzten Reform im Jahr 2013 seien nicht erfüllt beziehungsweise gar nicht erst evaluiert worden. "Das aktuelle Gesetz würde eigentlich ausreichen, nur die Anwendung muss besser werden", sagte die Anwältin Christine Kolbitsch.

Außerdem seien die "Inhalte der Verhandlungen nicht öffentlich", kritisierte Kolbitsch. Sie forderte die Einbeziehung betroffener Frauen und warnte besonders vor der Kürzung von Unterhaltsansprüchen. Konstanze Thau, Richterin und Mediatorin, schilderte, was es aus ihrer Sicht für schnellere und fairere Gerichtsverfahren bräuchte: "Es fehlt an Personal und Expertise. Richterinnen brauchen viel mehr Ressourcen."

Gemeinsame Obsorge und Doppelresidenz

Großer Kritikpunkt war die mögliche Automatisierung von Doppelresidenz und geteilter Obsorge bei getrennt lebenden Eltern. Laut der Geschäftsführerin des Vereins Autonome Frauenhäuser, Maria Rösslhumer, würde dadurch "das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Müttern verloren gehen". Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, vermisste die "feministische Prägung" im Konzept des Justizministeriums: "Das neue Gesetz ist schwer vorstellbar. Es würde Frauen vielfach noch mehr unter Druck setzen."

Unterstützung für die Anliegen kam von der SPÖ-Frauenvorsitzenden Eva-Maria Holzleitner, auch sie kritisierte Intransparenz bei der Gesetzgebung. "Das Parlament wird in diesen Prozess nicht ausreichend einbezogen. Auf parlamentarische Anfragen haben wir als SPÖ nur ausweichende Antworten bekommen und keine konkreten Angaben zu den geplanten Vorhaben", so Holzleitner.

Zuversichtlicher zeigte sich der Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren in einer Aussendung. "Wir haben unsere Anliegen für mehr Kinderschutz im Familienrecht in den Arbeitsgruppen eingebracht und gemeinsam mit anderen Organisationen ein Grundlagenpapier verfasst", so Geschäftsführerin Martina Wolf. Man wolle zudem die Publikation eines Gesetzesentwurfes abwarten. (APA, 1.6.2022)