Ohne Begeisterung, aber mit viel Blick auf die staatspolitische Verantwortung seiner Partei präsentierte Christian Lindner sein Budget.

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In dieser Woche, bei der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag, wollte der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Bürgerinnen und Bürgern zwei frohe Botschaften überbringen. Als er über das neue, 100 Milliarden schwere Sondervermögen für die Bundeswehr sprach, sagte er: "Wir stärken unsere Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung." Und er betonte auch: "Wir tun dies parallel zur Schuldenbremse des Grundgesetzes." Dies ist Lindner besonders wichtig. Die 100 Milliarden werden über einen Sonderfonds finanziert.

Trotzdem gab es, auch in den Reihen der FDP, nur schütteren Beifall. Man sah dort nicht überall glückliche Gesichter. Denn es läuft nicht gut für die deutschen Liberalen.

Eigentlich müsste diese Haushaltswoche im Bundestag ein Festspiel für Lindner sein. Er ist der erste Finanzminister der FDP seit Jahrzehnten und ist damit in seinem Traumjob angekommen. Und natürlich bedeuten tagelange Beratungen über die Finanzen des Bundes im Bundestag erhöhte Medienpräsenz für Lindner. Derlei war ihm noch nie besonders lästig.

Seit acht Jahren FDP-Chef

Doch der 43-Jährige, der seit acht Jahren auch FDP-Chef ist, muss beim ersten Etat der Ampel noch einmal das tun, was Liberale nicht mögen: Schulden machen. "Weil Dinge nicht vorhersehbar waren", sagt Lindner. Zuerst kam die Pandemie und kostete. Dann folgte der Ukraine-Krieg mit explodierenden Energiepreisen in Deutschland.

Fast 140 Milliarden Euro an neuen Krediten muss die Ampel für das laufende Jahr 2022, ihr erstes volles Budgetjahr, aufnehmen. Im Vorjahr als Lindner noch in Opposition war, hatte er dem damaligen Finanzminister der großen Koalition, Olaf Scholz (SPD) vorgeworfen "Schuldenmachen zur neuen Staatsphilosophie zu erklären". Jetzt, unter Kanzler Scholz, ist Lindner plötzlich selbst Schuldenminister – und kratzt damit, bei allem Verständnis für globale Krisen – schwer am Markenkern der FDP.

Das macht sich auch bei Wahlergebnissen bemerkbar. Im März schaffte die FDP wieder den Einzug in den saarländischen Landtag nicht. Im Mai verlor sie bei der Wahl in Schleswig-Holstein 5,1 Prozentpunkte. Eine Woche später, bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen, sackte sie von 12,6 auf 5,9 Prozent.

Was noch mehr schmerzte: Die FDP flog in beiden Ländern aus der Regierung. Sowohl in Kiel als auch in Düsseldorf formieren sich neue schwarz-grüne Bündnisse. "Wir regieren in der Ampel aus staatsmännischer Verantwortung", es gehe nicht um "kleinere oder größere Geländegewinne der FDP", betonte Lindner nach dem Debakel in Nordrhein-Westfalen, um klarzumachen, dass es im Moment keine Alternative zum Schuldenmachen gebe.

Das Trauma von 2013

Doch viele Liberale blicken neidisch auf die Grünen und deren beliebte Minister Robert Habeck (Klimaschutz/Wirtschaft) und Annalena Baerbock (Außenpolitik). Die Grünen setzen sich, entgegen ihrer bisherigen Linie, für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ein, verhandeln mit Katar über neue Energiepartnerschaften und können sich über einen Absturz in Umfragen nicht beklagen. Im Gegenteil: Sie legten in den vergangenen Wochen stark zu.

Die liberalen Regierungsmitglieder hingegen bleiben vergleichsweise blass. In der FDP äußert so mancher die Sorge, dass sich der Absturz von 2013 wiederholen könnte. Damals flog die FDP nach Jahrzehnten aus dem Bundestag, weil sie ihr Versprechen einer großen Steuerreform nicht eingehalten hatte.

Dass sich dies wiederholt, will Lindner natürlich vermeiden. Er hat, angekündigt, dass die Schuldenbremse im Jahr 2023 wieder strikt eingehalten werden müsse. (Birgit Baumann, 2.6.2022)