Der Run auf die Tankstellen war am Mittwoch groß. Durch Senkung der Energiesteuer auf Diesel und Benzin ist Sprit an vielen deutschen Zapfsäulen billiger geworden.

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Darauf haben sich Millionen deutscher Autofahrer und Autofahrerinnen seit Monaten gefreut. Am Mittwoch trat die sogenannte "Spritpreisbremse" in Kraft. Benzin und Diesel sollten von diesem Tag an doch spürbar billiger werden. Die deutsche Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP will damit auf die seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine stark gestiegenen Preise an der Tankstelle reagieren.

Ihr Plan: Drei Monate lang, im Juni, Juli und August, wird die Energiesteuer gesenkt, die Deutschen bekommen einen befristeten Tankrabatt. "Wir wollen die Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, Pendlerinnen und Pendler, Familien und Gewerbetreibende mit den steigenden Spritpreisen nicht im Stich lassen", sagt Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Trend nach unten

Als es am Mittwoch dann so weit war, verzeichnete der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) tatsächlich einen Trend nach unten. E10 war zum Stichzeitpunkt 9.50 Uhr um rund 30 Cent pro Liter billiger als 24 Stunden zuvor, Diesel um rund 14 Cent. "Die Senkung heute Morgen ging schneller als erwartet. Das ist schon mal ein guter Schritt in die richtige Richtung. Es fehlt aber noch ein gutes Stück", sagte ADAC-Kraftstoffmarktexperte Christian Laberer. Die Entlastung bei E10 beträgt inklusive Mehrwertsteuer 35,2 Cent pro Liter, bei Diesel 16,7. Laut Laberer sind die Preise pro Liter noch 20 Cent zu hoch. "In den Preisen ist immer noch sehr viel Luft nach unten", sagt der ADAC-Experte.

Zunächst hatte man in Deutschland befürchtet, dass sich zumindest am Anfang bei den hohen Preisen nur sehr wenig bewegen würde. Zum einen, weil die vor Mitternacht gelieferten Vorräte an den Tankstellen noch mit dem normalen Steuersatz belastet waren und erst einmal verkauft werden mussten. Zum anderen hatte es in den letzten Tagen vor der Senkung unschöne Entwicklungen nach oben gegeben. Die Preise stiegen an, es war spekuliert worden, dass sich die Mineralölkonzerne noch ein Polster anlegen wollen.

Bundeskartellamt involviert

Lindner hatte auch an das Bundeskartellamt appelliert, die Vorgänge genau zu beobachten.

Doch möglicherweise hatte sich dann an den Tankstellen aufgrund der hohen Aufmerksamkeit doch ein gewisser Wettbewerbsdruck ergeben.

Das Bundeskartellamt jedenfalls will sich die Entwicklung der Spritpreise rund um die Energiesteuersenkung sehr genau ansehen. Man habe das Monitoring "noch einmal intensiviert", sagte Präsident Andreas Mundt. "Auch wenn es keine rechtliche Verpflichtung gibt, die Steuersenkung eins zu eins weiterzugeben, handeln die Mineralölkonzerne hier unter dem ‚Brennglas‘ des Kartellamtes."

Er sagte aber auch: "Als Wettbewerbsbehörde können wir hohe, auch sehr hohe Preise nicht einfach verbieten." Sie könnten auch im Wettbewerb entstehen. Für kartellrechtswidriges Verhalten, das mit hohen Bußgeldern geahndet werden könne, habe seine Behörde aber bisher keine Hinweise.

Ein Tankrabatt wie in Deutschland käme auch vielen Österreicherinnen und Österreichern gelegen. Doch derlei ist nicht geplant. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) verteidigte am Mittwoch die heimische Regierungspolitik und erklärte, der deutsche Rabatt habe zwar die Zapfsäulenpreise gesenkt, "jedoch liegen die im Vergleich noch immer über dem österreichischen Niveau".

Österreich geht andere Wege

Außerdem sei fraglich, wie lange der Rabatt an die Kunden weitergegeben werde. Aus anderen Ländern wisse man, dass der Effekt "nicht nachhaltig ist", so Brunner. Er sagte zur APA: "Wir haben in Österreich mit der Erhöhung des Pendlerpauschales um 50 Prozent und der Vervierfachung des Pendlereuros Maßnahmen gesetzt, um gezielt jene zu entlasten, die auf das Auto angewiesen sind. Diese Entlastung bringt den Anspruchsberechtigten laut dem Budgetdienst des Parlaments umgerechnet rund 30 Cent pro Liter Benzin bzw. Diesel, auch wenn diese nicht an der Zapfsäule ersichtlich sind."

Die Maßnahme in Deutschland ist Teil eines ganzen Pakets. Dazu zählt auch ein Energiegeld von 300 Euro für die Deutschen. Dieses wird allerdings mit der Einkommensteuer verrechnet, Rentnerinnen und Rentner gehen leer aus, was von der Linken und auch Teilen der SPD kritisiert wird. Es gibt auch, wegen der hohen Energiepreise, einen Bonus für Kinder in Höhe von 100 Euro. Zum Paket gehört auch das sogenannte Neun-Euro-Ticket. Um neun Euro pro Monat können alle Verkehrsmittel des Nahverkehrs genutzt werden. (Birgit Baumann aus Berlin, 1.6.2022)