Blumentischerln. Holzvertäfelte Wände. Easy Chairs, so weit das Auge reicht. Die Aufmachung, die der Wiener Szenegastronom Bernd Schlacher für sein neues Café-Restaurant auf dem Cobenzl gewählt hat, entspricht voll und ganz dem gegenwärtigen Midcentury-Hype.

Auch wenn es auf den ersten Blick anders erscheint: Bloß auf einen Interieurtrend aufspringen wollen Schlacher und sein Team mit ihrem Konzept nicht. "Wir möchten damit diesen Ort ehren", sagt Innendesigner Conrad Kroencke. Wie das gelingen soll? Mit einer gestalterischen Anknüpfung an die Geschichte, immerhin wurde das Lokal bereits in den 1950er-Jahren erbaut.

Das Café wurde abgerissen und auf seiner charakteristischen Steinmauer neu aufgebaut. Wenn im Herbst die Bauarbeiten auch innen abgeschlossen sind, finden Gäste dort viel Grün und Midcentury-Chic vor.
Foto: BBPR/Weitsicht Cobenzl

Unter dem Namen Rondell-Café entwickelte es sich rasch zu einer Art Wahrzeichen des Cobenzls, der wiederum selbst ab den 1930ern eine regelrechte Hochblüte als Ausflugsziel und Naherholungsgebiet erlebte. Von dem einstigen Glanz war zuletzt allerdings nicht mehr viel übrig. Seit 2017 standen das Lokal sowie das nahegelegene Schloss und die Meierei – abgesehen von wechselnden Zwischennutzungen – leer. Die Suche nach einem Pächter gestaltete sich schwierig.

Großbaustelle seit März

Nun ist der Dornröschenschlaf vorüber. Schlacher, der unter anderem das Restaurant Motto am Fluss, das Hotel Motto und die Bäckerei Motto Brot betreibt, hat das desolate Ensemble auf dem Wiener Hausberg von der Stadt gepachtet. Seit März 2021 lässt er es zur Weitsicht Cobenzl umbauen, am Mittwoch zeigte er bei einer Baustellenführung den Fortschritt.

Neben dem Schloss entstand ein Zubau mit drei Etagen für Veranstaltungen.
Foto: Stefanie Rachbauer

Das historische Schloss und die Meierei wurden renoviert, daneben ist ein Neubau entstanden. In diesen drei Gebäuden finden künftig Veranstaltungen wie Hochzeiten, Seminare oder Kulturveranstaltungen statt. Abhängig von der Bestuhlung ist dort Platz für insgesamt bis zu 1.100 Gäste. Das Rondell-Café wurde abgerissen und auf der Steinmauer, die sein äußeres Erscheinungsbild von jeher prägt, neu aufgebaut.

Eröffnung im Oktober

"Wir sind zu 95 Prozent fertig", sagt Schlacher im Gespräch mit dem STANDARD. Die Eröffnung sei frühestens für Ende September und spätestens für Oktober angepeilt. Bis dahin werden die Innenräume finalisiert.

Für das Café heißt das: Es bekommt neben den erwähnten 50er-Jahre-Stücken viel Grün verpasst – etwa mit Blumenampeln. Drinnen sind 100 Sitzplätze vorgesehen, im Gastgarten mit Ausblick auf Wien und gelben Retro-Sonnenschirmen 200.

Auf der Terrasse des Cafés finden unter gelben Retro-Sonnenschirmen 200 Gäste Platz.
Foto: BBPR/Weitsicht Cobenzl

In die Karte schauen lassen will sich Schlacher noch nicht. Zum Angebot verrät der 56-Jährige nur so viel: "Wiener Küche, modern umgesetzt." Veganes werde es "natürlich" auch geben, Frühstück ebenso. Die Weine werden von Wiener Winzern stammen. Auch an die Wanderer hat Schlacher gedacht: Sie will er mit Jause verköstigen. Geöffnet sein wird das Café von Montag bis Sonntag.

20 Millionen Euro investiert

Auf die Stadt hinabschauen kann in der Weitsicht Cobenzl übrigens nicht nur, wer konsumiert: Die Dachterrasse auf dem Café ist frei zugänglich. Auf der großen Freifläche zwischen den Gebäuden sind Oster- und Weihnachtsmärkte oder Theateraufführungen geplant.

Auf der Freifläche zwischen den Gebäuden, an der noch gearbeitet wird, sind Märkte geplant.
Foto: Stefanie Rachbauer

Die Gesamtkosten für den Umbau betragen 20 Millionen Euro. Ein Viertel davon zahlt die Stadt, den Rest teilen sich das Immobilienunternehmen Supernova um Frank Albert und Schlachers Motto Group im Verhältnis 30 zu 70 auf. Der Pachtvertrag wurde für 30 Jahre abgeschlossen.

Dass die beiden Gesellschaften zum Zug kamen, ist der Pandemie geschuldet. Vor fünf Jahren präsentierte die Stadt Martin Rohla, unter anderem für die Lokale Habibi & Hawara und Swing Kitchen verantwortlich, als neuen Pächter. Er sprang aber während Corona ab – und Schlacher ein.

Zimmer zum Übernachten

Von Wagnissen dieser Art dürfte der Gastronom allerdings genug haben. Die Weitsicht Cobenzl sei sein "letztes geplantes Projekt" – was wohl auch daran liegen könnte, dass ihm die Lokalität über die Eröffnung hinaus als Spielwiese dienen wird. Denn in der Meierei steht noch ein Dachausbau an.

Dort sind vier bis fünf Zimmer für Übernachtungsgäste geplant. Wann Schlacher diese Baustelle angehen wird, ist offen: "Jedenfalls in den nächsten Jahren." (Stefanie Rachbauer, 2.6.2022)