Am 12. Mai, als die Pflegereform präsentiert wurde, demonstrierte die Branche.

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Bis endlich eine Pflegereform präsentiert wurde, brauchte es Jahre und gleich mehrere Regierungen. Nun soll es aber schnell gehen: Nur drei Wochen lang können die Gesetze, die ebendiese Reform in geltendes Recht gießen, begutachtet werden. Viel zu kurz, moniert die Opposition, von einer "Husch-pfusch-Aktion" ist bei der SPÖ die Rede SPÖ, von einer "Missachtung des Parlaments" bei den Neos. Die Klubobleute August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) verteidigen das Vorgehen: Man wolle eben pünktlich vor den Kollektivvertragsverhandlungen mit den Gesetzen durch National- und Bundesrat sein, argumentieren sie.

Wobei: Danach geht es eigentlich wieder eher schleppend voran. Bis auf den Ausbildungsbonus wird keine Maßnahme noch in diesem Jahr greifen – auch das merkte die SPÖ bereits an.

Bonus als Sache der Sozialpartner

Warum sind in dem Zusammenhang überhaupt die KV-Verhandlungen so wichtig? Das liegt daran, dass der Gehaltsbonus, in den die Regierung in zwei Jahren 520 Millionen Euro investieren will, nicht wirklich das ist, was man sich unter einem Bonus vorstellt. Das Prozedere wird so ablaufen: Der Bund gibt das Geld an die Länder, wer wie viel bekommt, müssen sich dann aber die Sozialpartner ausmachen – das machen sie in den Gehaltsverhandlungen, die Mitte September starten.

Ziel ist laut Maurer, so Ungleichheiten auszugleichen, zwischen einzelnen Bundesländern, aber auch zwischen einzelnen Berufsgruppen in der Pflege. Auf die Frage, ob denn auch denkbar sei, dass durch dieses System eine Person gar keinen Bonus bekommt, sagt Maurer: "In der trockenen Theorie wäre das denkbar", aber dann würden die Sozialpartner wohl zu keiner Einigung kommen.

Bund stellt globale Ausschüttung in den Raum

Sollte es, aus welchen Gründen auch immer, keine Einigung geben, werde der Bund die halbe Milliarde "global" verteilen, also aliquot ausschütten. Die 260 Millionen Euro, die die Regierung jeweils in den Jahren 2022 und 2023 investieren will, werden jedenfalls in der Realität bis 2024 ausgeschüttet werden. Dass die Maßnahme dann wieder zurückgenommen wird, kann Wöginger sich "beim besten Willen nicht vorstellen". Auch die sogenannte Entlastungswoche und der erhöhte Zeitausgleich für Nachtdienste sollen erst Anfang 2023 kommen, ebenso der Bonus für manche pflegende Angehörige und der Demenzzuschlag. Auf die Frage, ob die zusätzliche freie Woche für viele Pflegekräfte nicht deren Kolleginnen und Kollegen umso mehr belaste, betont Wöginger, dass man sich diese bis 2028 auch auszahlen lassen könne.

Gleiches gilt für das Pflegestipendium in Höhe von 1.400 Euro, das künftig Personen in AMS-geförderten Ausbildungen bekommen sollen. Es läuft frühestens im Jänner 2023 an. Wobei die Klubobleute betonen: Auch wer diesen Herbst eine Ausbildung beginnt, könne das Stipendium dann in Anspruch nehmen, sobald es das gibt. Dass das so lange dauert, argumentiert Maurer damit, dass man etwa eine Servicestelle einrichten müsse.

Offene Zukunft der 24-Stunden-Betreuung

Der sogenannte Ausbildungsbonus wird laut Wöginger aber noch dieses Jahr kommen, damit sollen jene, die eine Erstausbildung im Pflegebereich machen, 600 Euro im Monat mehr bekommen. Davon will der Bund ein Drittel bezahlen, das sind 225 Millionen Euro für drei Jahre, die restlichen zwei Drittel sollen die Länder übernehmen.

Teil des Ausbildungspakets ist auch der Modellversuch Pflegelehre, den es in ganz Österreich geben soll. Bis der Versuch zur Regel wird, werden aber noch Jahre vergehen: Nach sieben und zehn Jahren soll das Projekt evaluiert werden.

Völlig offen ist, wie es mit der 24-Stunden-Betreuung weitergeht. Nur so viel ist bekannt: 16 Millionen Euro will der Bund investieren, die arbeitsrechtliche Situation soll verbessert werden. Die selbstständige 24-Stunden-Betreuung, die den allergrößten Teil der Sparte ausmacht, soll davon aber unberührt bleiben. (Gabriele Scherndl, 2.6.2022)