Schwierige Absprache: Die ÖVP bezeichnet die geplante Temporeduktion am Donnerstag als "ideologiebetrieben".

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Innsbruck – Trotz einer vom Land Tirol und damit eigentlich der schwarz-grünen Landesregierung abgegebenen Stellungnahme zu der von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentierten Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), in der eine generelle Temporeduktion auf allen Straßen vorgeschlagen worden war, sind sich ÖVP und Grüne offenbar uneins bei diesem Thema. Die ÖVP bezeichnete den Vorstoß am Donnerstag in einer Aussendung als "ideologiegetrieben".

In der Stellungnahme, die vom Landesamtsdirektor "für die Landesregierung" unterzeichnet worden war, wird als "zusätzlicher Änderungsvorschlag" angegeben, dass statt der Tempolimits 50/100/130 km/h im Ortsgebiet, auf Freilandstraßen und Autobahnen 30/80/100 km/h gelten soll. "Eine Temporeduktion erhöht die Verkehrssicherheit, reduziert den CO2-Ausstoß, mindert die Luft-und Lärmbelastung und spart zudem auch noch Treibstoff", unterstützte Verkehrslandesrätin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) laut einem Bericht der "Tiroler Tageszeitung" vom Donnerstag den Vorschlag ihrer Verkehrsexperten.

Missverständnis bei Absprache

Mit dem Koalitionspartner ÖVP soll der Vorschlag akkordiert sein, hatte es in der "TT" geheißen. An Tempo 100 auf der Autobahn sind die Tiroler mittlerweile gewöhnt – schließlich gilt das Limit seit Einführung des "IG-Luft-100ers" auf Teilen der Inntal- und Brennerautobahn. Doch bei der Abstimmung zwischen den Koalitionären dürfte etwas schiefgelaufen sein: VP-Verkehrssprecher Florian Riedl zeigte in einer Aussendung nämlich "kein Verständnis für die grünen Rufe nach einer generellen Temporeduktion".

Die Tiroler Volkspartei trage das nicht mit, dadurch würde man im "Bemühen, die Verkehrsbelastung für die Menschen zu reduzieren, keinen Schritt" weitergebracht. Verkehrspolitik dürfe "nicht aus ideologischen Motiven heraus betrieben und Autofahrer dürfen nicht pauschal ausgebremst werden", meinte Riedl. Wie es dazu gekommen war, dass die Stellungnahme trotzdem im Namen der Landesregierung abgegeben wurde, blieb bisher unbeantwortet.

Aus dem Büro von Felipe wiederum hieß es gegenüber der APA, dass die Stellungnahme vom Verfassungsdienst an die Büros von Felipe, Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sowie die zuständige Beamtenschaft verschickt worden sei mit der Bitte um Rückmeldung. Die zuständigen Abteilungen hätten ihre fachliche Beurteilung abgegeben, die vom Verfassungsdienst zusammengefasst und dann ans Klimaschutzministerium übermittelt worden sei.

Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger

Die FPÖ zeigte sich über eine Temporeduktion sogleich empört: "Denkt eigentlich in der ÖVP und bei den grünen Autohassern noch irgendwer an die Bevölkerung?", fragte Landesparteiobmann Markus Abwerzger. Durch die Maßnahme würde der ländliche Raum ausgedünnt, ein "Massenzuzug in die Ballungszentren" sei die Folge. Das Öffi-Netz entspreche zudem nicht dem, "was die Grünen und die ÖVP immer der Bevölkerung vorgaukeln". Die niedrigeren Tempolimits wären "eine verkehrspolitische Rückkehr in die Neandertaler-Epoche", sagte Abwerzger.

Mit der Neufassung der StVO sollen Radfahren und Zufußgehen sicherer und attraktiver werden. Zukünftig soll beim Radverkehr unter anderem Rechtsabbiegen bei Rot oder Nebeneinanderfahren möglich sein, fußgängerfreundlichere Ampelschaltungen und neue Regeln an Öffi-Haltestellen sind weitere Neuerungen. Am Mittwoch hatte die Begutachtungsfrist geendet. (APA, 2.6.2022)