Über die Jahre sind auch die Ansprüche von Andreas Gabalier gewachsen. Also spricht am Samstagabend die Stimme aus dem Off in einer Dokumentation über den selbsternannten Volks-Rock-'n'-Roller. Am Freitag hat Gabalier sein neuestes Werk veröffentlicht (sagt man eigentlich noch Single dazu?). Es trägt den Titel: "Bügel gscheit dein Dirndl auf".

"Starnacht" am Wörthersee

Für ein österreichisches Phänomen dieser Dimension – Andreas Gabalier – läuft die Doku des ORF-Landesstudios Steiermark, der Dreißigminüter "Ein neuer Anfang – Andreas Gabalier im Studio", überraschend spät im ORF: Samstagnacht. Der späte Termin dürfte jedenfalls auch am – thematisch durchaus passenden – Live-Event davor liegen, der "Starnacht" am Neusiedler See*.

ORF Steiermark

Dafür erweisen die 30 Minuten aus dem Landesstudio dem Phänomen die bewundernde Begeisterung, die ihm auch in Hallen und Stadien des deutschsprachigen Raums entgegenzuwellen pflegt. Jenem Landesstudio, das sehr stolz darauf ist, dass dort 2008 ein junger Musiker namens Andreas Gabalier seine Songs mit einer selbstgebrannten CD dem regionalen ORF-Team vorstellte. Nun begleitete wieder ein steirisches ORF-Team in Gestalt von Regisseur Helmut C. Gürtl und Kameramann Manuel Mellacher Gabalier nach Nashville, wo dieser (neuerlich) ein Album mit örtlichen Profimusikern aufgenommen hat.

Ironie ist ein sehr praktisches Instrument. Besonders praktisch ist sie, wenn man sie erkennt, wo sie eigentlich nicht sein kann. Das bewahrt innere Heiterkeit.

"Spielfreude und Spaß pur"

Ein sehr schöner Moment der an getragener Schönheit nicht armen Doku sind das Zusammenspiel von Bild und Ton an dieser Stelle: "Die professionelle und gute Stimmung ist auch nach mehreren Stunden zu spüren", schwärmt der Off-Ton zu den Aufnahmen im Studio: "Spielfreude und Spaß pur, die so auch bei den Fans ankommen wird."

Zu sehen: Drei Studiomusiker an Schlagzeug, Bass und Gitarre spielen ohne ein Lächeln. Andreas Gabalier singt, ebenfalls mit ernster Miene. Schlussakkord. Gabalier hebt ernst den Daumen. Und der Sologitarrist im Einzelstudio sagt mit unbewegtem Gesichtsausdruck sehr ruhig: "Yeah. Good", stellt die Gitarre weg und geht aus dem Bild.

"Good. Yeah."
Foto: Screenshot ORF Steiermark

Nächste Szene: Das bis auf wenige vorbeifahrende Autolenker sehr menschenleere Panorama der steinernen Country Music Hall von außen. Off-Text: "Nashville ist das pulsierende Mekka der Countrymusic."

Volkswagen-Roll

Später werden einige der Studiomusiker auch noch lächeln oder etwas spielfreudiger schauen. Sie werden den Off-Text bestätigen, "dass man in Nashville jetzt einen neuen Musikstil kennt". Indem sie, einer nach dem anderen, in die Kamera sagen: "Andreas does Volks-Rock-'n'-Roll", manchmal klingt es ein bisschen wie Volkswagen-Roll.

Denk ich an Bon Jovi in Nashville

Davor wird der Volks-Rock-'n'-Roller den Musikern noch sehr genau erklärt haben, wie sein authentischer Volks-Rock-'n'-Roll klingen soll: "Soll einen an Bon-Jovi-Songs erinnern" etwa. Nach "big songs" aus den 1980er-Jahren. "Das ist die Inspiration." Oder: "Denk an Bon Jovi, Queen, den großen 80er-Jahre-Stil." Und der Off-Text wird "den permanenten Austausch an Ideen" über Stunden würdigen und Gabalier die "unglaubliche Bereicherung" der Profimusiker.

In den Berliner Hansa-Studios kommen noch Streicherpassagen dazu und Gabalier-Produzent und Musikdirektor Mathias "Matze" Roskas Befund vom "Gabalier 3.0", der sich "wirklich weiterentwickelt habe im Songwriting", "die Songs sind viel reifer".

Zu sehen und hören Samstagabend, gleich nach der "Starnacht" am Wörthersee, im ORF. Im Handel und in Stadien. (fid, 4.6.2022)