Sonja Zwazl war bis 2020 Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich.

Foto: WKNÖ/Kraus

54.000 Euro hat die Abschiedsfeier der langjährigen Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ), Sonja Zwazl, im Jahr 2020 gekostet. Das rügte das Kontrollamt der Wirtschaftskammer in seinem Prüfbericht, auch aufgrund der Verwendung von Mitgliederbeiträgen – der STANDARD und die "Krone" berichteten. Die hohen Ausgaben begründet die WKNÖ unter anderem mit Stornokosten und der Produktion eines Buches. Kritik gibt es nun von der Opposition.

Kosten in Kritik

Niederösterreichs Neos kritisierten die Kosten für den Abschied in einer Aussendung. 54.000 Euro seien "deutlich mehr als das durchschnittliche Jahresgehalt der Angestellten in Österreich", konstatierte Landessprecherin Indra Collini. Die Betriebe seien "keine Melkkuh für Kammerpartys", hätten sich vielmehr "einen sparsamen und zweckmäßigen Umgang mit ihren Beiträgen" verdient. Collini fordert die Abschaffung der Kammerumlage 2 – das ist jener Betrag, den Unternehmen an die Wirtschaftskammer zahlen müssen, sofern sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen.

"Volle Aufklärung"

Der FPNÖ-Wirtschaftssprecher, der Landtagsabgeordnete Reinhard Teufel, forderte "volle Aufklärung". Im Sommer 2020 hätten viele Unternehmen "vor der zweiten Corona-Welle gezittert und um ihre Existenz gebangt", hieß es in einer Aussendung. "Somit ist die Party nicht nur sachlich ungerechtfertigt, sondern auch moralisch verwerflich."

Auch die Grünen kritisierten das Vorgehen. "Die Zwangsmitglieder werden sich nach derartigen Vorfällen verstört von der Kammer abwenden", sagte der Regionalsprecher der Grünen Wirtschaft Niederösterreich, August Lechner.

Wirtschaftsbund-Funktionärin bekam Auftrag

Die Wirtschaftskammer Niederösterreich begründet die Ausgaben unter anderem mit Stornokosten in Höhe von 13.200 Euro. Auf Anfrage von STANDARD und "Krone" sagt ein Sprecher der WKNÖ, dass eine große Veranstaltung, die für Mai 2020 geplant war, im März 2020 aufgrund der Pandemie abgesagt worden sei. Man habe aber "für diesen Event schon Monate im Vorhinein die entsprechenden Konzepte zur professionellen Durchführung in Auftrag gegeben und erarbeitet, was die angefallenen Stornokosten erklärt", heißt es. Später wurde ein Event mit 90 statt 300 Teilnehmenden veranstaltet.

Mit der Gestaltung des Buches war, wie ein Sprecher bestätigt, die Agentur einer Wirtschaftsbund-Funktionärin beauftragt. Insgesamt kostete die Produktion dieser Festschrift 18.500 Euro. "Die Vergabe dieser Leistung erfolgte unter Berücksichtigung und Prüfung der Preisangemessenheit im Rahmen einer Direktvergabe", heißt es. "Die Wirtschaftskammer NÖ entscheidet bei ihren Auftragsvergaben nicht nach politischen Einstellungen ihrer Auftragnehmer", sagt der Sprecher. (Muzayen Al-Youssef, 3.6.2022)