Das Schloss Leopoldsdorf bei Wien des Eyemaxx-Gründers diente nur bei einer Anleihe als Sicherheit – die wurde rechtzeitig vor der Insolvenz bedient. Derzeit wird Müllers Schloss für Hochzeiten und andere Events vermietet.

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Untreue, schwerer Betrug, betrügerische Krida, grobfahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen: Die Vorwürfe, denen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) seit kurzem rund die größte Insolvenz des Jahres 2021 nachgeht, wiegen schwer. Im November ist der Immobilienentwickler Eyemaxx Real Estate in die Pleite geschlittert, mit Verbindlichkeiten von rund 165 Millionen Euro. Geschädigt sind in erster Linie die Zeichner von Anleihen, über die sich die seit 2011 an der Frankfurter und seit 2019 an der Wiener Börse notierte Aktiengesellschaft finanziert hat und die sie letztlich nicht mehr bedienen konnte. Corona-bedingte Verzögerungen, Zahlungsausfälle und Abwertungen hätten das vor 26 Jahren vom Österreicher Michael Müller gegründete Unternehmen in Schieflage gebracht, hieß es im Insolvenzantrag sinngemäß.

Das Unternehmen entwickelte zunächst Gewerbeimmobilien in Osteuropa und dann Wohnimmobilien, Hotels und Apartments in Österreich und Deutschland. Dort, in Aschaffenburg, ist auch der Sitz des Unternehmens, geführt und verwaltet wurde es aber von Niederösterreich aus. Konkret vom Schloss Leopoldsdorf bei Wien aus, das Firmengründer Müller und seiner St. Leopold Privatstiftung über eine Firmenkonstruktion gehört.

Anleger getäuscht?

Dieses Schloss wird wohl auch in der Strafsache eine Rolle spielen. Die WKStA ermittelt gegen den langjährigen Alleinvorstand und 19,9-Prozent-Aktionär Müller und eine Person aus einer Eyemaxx-Tochter. Basis der Ermittlungen sind zwei Sachverhaltsdarstellungen. Die Behörde bestätigt auf Anfrage, dass sie gegen zwei Personen ermittle (wegen der eingangs erwähnten Vorwürfe) und ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben habe. Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Die Ermittler gehen u. a. dem Verdacht nach, dass die Beschuldigten "investitionsbereite" Anleihezeichner und einen Darlehensgeber falsch über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens informiert hätten. Um eine Wandelanleihe von 4,3 Mio. Euro platzieren zu können, habe Müller sechs Wochen vor Insolvenzanmeldung in einem Interview davon geredet, "dass wir wieder auf dem richtigen Weg sind". Er gehe "mit sehr guter Sicherheit" davon aus, dass Eyemaxx das Jahr 2021 mit Gewinn beenden werde. Die Anleger forderte er in den deutschen "Finanznachrichten" dazu auf, in ein Unternehmen zu investieren, "das wieder auf dem Weg nach oben ist". Sechs Wochen später trat Eyemaxx den Weg zum Insolvenzgericht Korneuburg an.

Loch auf, Loch zu?

Weiterer Verdacht: Das Unternehmen habe die Anleihen nicht aus Erlösen aus dem operativen Geschäft bedient, sondern durch die Begebung neuer Anleihen. Für jene, die 2016 begeben wurde und bis 2021 lief, diente das Schloss, in dem Müller auch lebt, als Sicherheit. Laut Wertpapierprospekt wurde der Wert des Schlosses samt "luxuriöser großer Wohneinheit mit eigenem Eingangsportal und Schwimmhalle" und Park und Nebengebäuden (der Müller gehöre) mit 17 Mio. Euro ermittelt.

Für die folgenden Anleihen hat das Schloss dann nicht mehr als Sicherheit gedient. Pech für die Eyemaxx-Insolvenzgläubiger: Denn die mit dem Schloss besicherte Anleihe wurde im März 2021 vollständig bedient – gerade rechtzeitig, um eine Anfechtung im Rahmen der folgenden Insolvenz auszuschließen. Die Frist dafür beträgt sechs Monate. Ein Teil des Geldes dafür (8,9 Mio. Euro), so einer der Vorwürfe, soll von einer Tochterfirma gekommen sein. Der beschuldigte Manager habe dafür weder Sicherheiten bestellt, noch die nötigen Beschlüsse eingeholt.

Müller sieht sich als Opfer

Müller weist diese Vorwürfe "aufs Schärfste" zurück, es handle sich um Unterstellungen, nie im Leben habe er Untreue begangen oder andere Delikte. Bei der Rückzahlung der mit dem Schloss besicherten 2016er-Anleihe habe er selbst drei Mio. Euro eingeschossen, erklärt er dem STANDARD. Und er selbst sei Opfer, denn zur Insolvenz sei es nur gekommen, weil der Wirtschaftsprüfer, der die Bilanz neun Jahre immer testiert habe, im zehnten Jahr kein Testat mehr gegeben habe. Er als größter Aktionär habe mit 68 Jahren alles verloren, sein Lebenswerk sei gescheitert – und sein Schloss werde er verkaufen müssen. (Renate Graber, 4.6.2022)