Der Jugendliche hätte auch einen abgegrenzten Radweg neben der Straße verwenden können.

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Wer beim Nachbarn seinen Kaffee auf den Teppich schüttet, beim Skifahren jemand anderen verletzt oder mit dem Scooter fahrlässig ein parkendes Auto beschädigt, ist von einer privaten Haftpflichtversicherung geschützt – sofern er eine solche abgeschlossen hat. Die Versicherung soll derartige "Gefahren des täglichen Lebens" abdecken. Wie ein aktueller Fall vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) zeigt, gibt es aber Grenzen – vor allem dann, wenn Alkohol im Spiel ist (OGH 28.4.2022, 7Ob7/22p).

Ein Vorarlberger Jugendlicher hatte auf einer privaten Feier mehrere Flaschen Bier getrunken. Kurz nach Mitternacht fuhr er betrunken (1,5 Promille) mit dem Fahrrad nach Hause. Dabei kam es zu einem schweren Unfall. Der Jugendliche war auf der Straße unterwegs gewesen, obwohl er auch auf einem Fahrradweg hätte fahren können. Als er ohne Handzeichen nach links abbog, stieß er mit einer Mopedlenkerin zusammen, die gerade überholte.

Keine "Gefahr des täglichen Lebens"

Die Verletzte verlangte daraufhin Schadenersatz. Ein klarer Fall für die Haftpflichtversicherung, dachte sich die Mutter des Jugendlichen. Ihr Sohn habe den Unfall schließlich nicht vorsätzlich, sondern bloß fahrlässig verursacht. Da die Versicherung jedoch nicht zahlen wollte, zog die Frau vor Gericht.

Auch die Richterinnen und Richter waren sich bei der Beurteilung des Falles nicht einig. Das Landesgericht Feldkirch gab der Versicherung zunächst recht, das Oberlandesgericht Innsbruck war anderer Meinung und sprach der Mutter das Geld zu.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner aktuellen Entscheidung nun das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt. Nach den "Allgemeinen Bedingungen für die Privathaftpflichtversicherung" erstrecke sich der Schutz der Versicherung nur auf "Gefahren des täglichen Lebens". Das seien Situationen, "die im normalen Lebensverlauf immer wieder, sei es auch seltener, eintreten".

Im aktuellen Fall habe der Jugendliche durch sein Verhalten aber eine "besondere Gefahrensituation" geschaffen, "ohne dass dafür die geringste Notwendigkeit bestand". Schließlich sei er betrunken und ohne Licht mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Er muss für den Schaden der Unfallgegnerin daher selbst aufkommen. (japf, 8.6.2022)