Gut besuchtes "Geisterspiel" in Budapest.

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Die Ungarn feiern Torschützen Szoboszlai.

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Kimmich rettete gegen Italien einen Punkt für Deutschland.

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Budapest/Bologna – Die ungarische Fußball-Nationalmannschaft hat im Nations-League-Heimspiel am Samstag in Budapest den Favoriten England gestürzt. Die Ungarn setzten sich in der Gruppe 3 der Liga A dank eines Elfmeter-Tores von Dominik Szoboszlai in der 66. Minute vor knapp 40.000 Zuschauern 1:0 durch. Die Partie war eigentlich ein "Geisterspiel", da Ungarn wegen wiederholter rassistischer Äußerungen seiner Fans von der UEFA sanktioniert worden war. Das Heimteam umging dies jedoch – mit Verweis auf einen UEFA-Paragrafen.

Remis im Prestigeduell

Italien ist mit einem Achtungserfolg in die neue Nations-League-Saison gestartet. Der personell runderneuerte Europameister erreichte in Bologna ein 1:1 im Prestigeduell mit Deutschland. Lorenzo Pellegrini (70.) von AS Roma brachte die Italiener in Führung, Joshua Kimmich (73.) war kurz darauf mit dem Ausgleich zur Stelle. Erster Tabellenführer der Gruppe ist Ungarn.

Deutschland hatte in der ersten Hälfte die besseren Möglichkeiten, unter anderem fehlten Thomas Müller, Leon Goretzka und Serge Gnabry im Abschluss das Glück. Für die Italiener traf Gianluca Scamacca in der 35. Minute die Stange. Nach der Pause hatte die "Squadra Azzurra" Vorteile, die Mannschaft von Trainer Roberto Mancini war zielstrebiger nach vorne und stand kompakt.

Nach dem 1:0 durch Pellegrini, der eine Gnonto-Hereingabe aus kurzer Distanz verwertete, reagierte der ohne Karim Adeyemi angetretene Gegner aber sofort: Kimmich bezwang Tormann Gianluigi Donnarumma, ein unabsichtliches Handspiel in der Entstehung wurde vom Video-Assistenten für regelkonform befunden. In der ausgeglichenen Schlussphase glückte keinem Team mehr ein Treffer.

"Für uns ist es zu wenig. Wir wollten gewinnen", gab Kimmich im RTL-Interview zu. "Wir haben nicht so intensiv gespielt, wie man das von uns gewohnt ist", verwies der Bayern-Profi auch auf die sommerlichen Bedingungen mit einer hohen Luftfeuchtigkeit. Der Mittelfeldspieler hätte nach seinem ersten Treffer noch ein Tor aus einem Weitschuss erzielen können, scheiterte aber Donnarumma, einer von nur zwei Italienern auf dem Feld mit mehr als 25 Länderspielen. Deutschland ist unter Trainer Hansi Flick aber zumindest weiter unbesiegt (acht Siege, zwei Unentschieden).

Entscheidung in Budapest durch Szoboszlai

Über weite Strecken gaben die von Kapitän Harry Kane angeführten "Three Lions" ein enttäuschendes Bild ab. Zwar war ein Bemühen erkennbar, die Engländer wirkten aber müde, ließen Intensität vermissen und Abstimmungsprobleme erkennen. In der 65. Minute stufte der Schiedsrichter einen nicht sonderlich außergewöhnlichen Zweikampf im englischen Strafraum als Elfmeterfoul des kurz zuvor eingewechselten Reece James ein. Der Ex-Salzburger Szoboszlai verwandelte mit einem Flachschuss in die linke Ecke sicher zum 1:0.

Danach geriet Ungarn nicht mehr ernsthaft in Gefahr. Es war erst die zweite Niederlage Englands gegen Ungarn in einem Pflichtspiel. Den ersten Sieg hatte Österreichs Nachbarland bei der WM 1962 in Chile geholt. Abgesehen von der Niederlage im EM-Finale gegen Italien im Elfmeterschießen hatten die Engländer bis dahin seit November 2020 nicht mehr verloren.

Die UEFA hatte im vergangenen Jahr festgelegt, dass Ungarns Nationalteam wegen diskriminierender Äußerungen seiner Anhänger zwei Pflichtspiele daheim ohne Zuschauer austragen muss. Für eine dritte Partie gilt eine Bewährung von zwei Jahren. Gemäß UEFA-Regularien dürfen bei angeordneten "Geisterspielen" allerdings Kinder bis zum Alter von 14 Jahren trotzdem ins Stadion, wenn sie eingeladen und von einem Erwachsenen begleitet werden.

Buhrufe für Engländer

An die 40.000 Besucher kamen letztlich zum Match in die Puskas Arena. Als das englische Team wie gewohnt kurz vor Anpfiff als Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung auf die Knie ging, waren Buhrufe zu hören. Die Absicht des europäischen Dachverbands, Ungarn wegen einschlägiger Aktionen seiner Fans während der EM-Spiele gegen Portugal, Frankreich und Deutschland zu bestrafen, wurde damit geradezu konterkariert.

Das englische Team muss sein erstes Heimspiel in der Nations League am 11. Juni in Wolverhampton gegen Italien ebenfalls ohne Zuschauer bestreiten. Dazu war der Verband wegen der Ausschreitungen rund um das EM-Finale vor einem Jahr im Londoner Wembley-Stadion verurteilt worden. Dabei sollen ebenfalls die UEFA-Regularien zum Stadionbesuch von Kindern angewendet werden, es werden zwischen 2.000 bis 3.000 Fans erwartet. (APA, dpa, red, 4.6.2022)

Liga A/Gruppe 3 – 1. Runde:

Ungarn – England 1:0 (0:0) Tor: Szoboszlai (66./Elfmeter)

Italien – Deutschland 1:1 (0:0) Tore: Pellegrini (70.) bzw. Kimmich (73.)

Liga B/Gruppe 3 – 1. Runde:

Finnland – Bosnien-Herzegowina 1:1 (1:0)

Montenegro – Rumänien 2:0 (0:0)

Liga C/Gruppe 1 – 1. Runde:

Litauen – Luxemburg 0:2 (0:1)

Türkei – Färöer 4:0 (1:0)