Die Darstellung zeigt den neu entdeckten Neutronenstern (magenta) im Vergleich zu schneller rotierenden Pulsaren.

Illustration: Danielle Futeselaar

Sie sind so etwas wie stellare Greise und geben der Wissenschaft zahlreiche Rätsel auf: Neutronensterne sind das Endstadium sehr massereicher Sterne. Sie sind extrem dichte Überreste von einer Supernova-Explosion und bestehen hauptsächlich aus den neutral geladenen Kernteilchen Neutronen, woher sich auch ihr Name ableitet. Derzeit sind 3000 dieser Sterne bekannt, doch nun hat ein Forschungsteam ein besonders ungewöhnliches Exemplar entdeckt, das so gar nicht ins Bild der bisher bekannten Neutronensterne passen will.

Der ungewöhnliche Stern sendet Radiostrahlung aus und rotiert – alle 76 Sekunden dreht sich der Neutronenstern um die eigene Achse.

Bemerkenswert ist weiters, dass sich dieser Stern auf dem sogenannten Friedhof der Neutronensterne befindet, wo man überhaupt keine Pulsaraktivität erwarten würde. Die Beobachtung gelang mit dem MeerKAT-Radioteleskop in Südafrika, publiziert wurde der Fund in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Nature Astronomy".

Neue Sternenart

Die Forschenden gehen davon aus, dass dieser Neutronenstern zu der bisher nur theoretisch postulierten Klasse der ultralanglebigen Magnetare mit extrem starken Magnetfeldern gehören könnte. Magnetare könnten schätzungsweise etwa zehn Prozent aller Neutronensterne ausmachen.

Der neu entdeckte Neutronenstern erhielt den Namen PSR J0901-4046 und weist Merkmale von Pulsaren und von Magnetaren auf und sendet offenbar auch schnelle Radioblitze aus – das sind kurze Ausbrüche im Bereich der Radiostrahlung in extragalaktischen Entfernungen.

"Anders als alles, was wir bisher gesehen haben"

"Die Radioemission dieses Neutronensterns ist anders als alles, was wir bisher gesehen haben", sagt Astrophysikprofessor Ben Stappers von der Universität Manchester, der an der Entdeckung beteiligt war. "Wir können ihn etwa 300 Millisekunden lang beobachten, was viel länger ist als bei den meisten anderen Neutronensternen, die Radiostrahlung aussenden."

Es scheint laut Stappers so, dass es mindestens sieben verschiedene Pulsarten gibt, von denen einige eine stark periodische Struktur aufweisen, die als seismische Schwingungen des Neutronensterns gedeutet werden könnten. "Diese Pulse könnten uns wichtige Einblicke in die Art des Emissionsmechanismus dieser Quellen geben", sagt Stappers.

Glücklicher Zufall

Überhaupt ist bemerkenswert, dass die Entdeckung gelingen konnte, wie die Erstautorin der aktuellen Studie, Manisha Caleb, betont. "Es ist erstaunlich, dass wir von dieser Quelle nur während 0,5 Prozent ihrer Rotationsperiode Radioemission feststellen können. Das bedeutet, dass es ein großer Zufall ist, dass sich der Radiostrahl mit der Erde kreuzt", sagt Caleb, vormals Astrophysikerin an der Universität Manchester und jetzt an der Universität Sydney. "Es ist daher wahrscheinlich, dass es in der Galaxis noch viel mehr solcher sehr langsam rotierenden Quellen gibt. Das hat wichtige Auswirkungen auf die Entstehung und das Altern von Neutronensternen." (Tanja Traxler, 6.6.2022)