Etwa jeder Fünfte hält es – etwa beim Maskentragen – strenger als vorgeschrieben.

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Linz – Seit der Vorwoche sind die meisten Beschränkungen, die der Bevölkerung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auferlegt wurden, ausgesetzt. War 's das dann? Daran herrschen nicht nur bei Experten erhebliche Zweifel. Die Ende Mai durchgeführte Market-Umfrage im Auftrag des STANDARD richtete an 1.000 repräsentativ ausgewählte Befragte die Frage: "In letzter Zeit hört man immer weniger von der Corona-Pandemie. Glauben Sie, dass die Pandemie nun im Wesentlichen überwunden ist oder erwarten Sie eine neue Welle mit neuen Einschränkungen später in diesem Jahr?"

Knapp jeder Fünfte glaubt, dass Covid-19 vorbei ist

Darauf sagten nur 19 Prozent, dass sie die Pandemie für überwunden halten, 68 Prozent rechnen mit neuerlichen Einschränkungen, 13 Prozent fühlen sich überfragt. Die Erwartung von Einschränkungen steigt mit dem Alter der Befragten. Hohe Anteile von Menschen, die die Pandemie für überwunden halten, finden sich nur in der Gefolgschaft von Freiheitlichen und MFG sowie in jenem Fünftel der Befragten, das sich als nicht vollständig geimpft bezeichnet.

Die Zustimmung zu staatlichen Maßnahmen ist allerdings deutlich gesunken. Der STANDARD ließ dazu fragen, ob die Abwehr der Pandemie jetzt Privatsache sein sollte, weil sich jeder eigenverantwortlich schützen könnte – eine Ansicht, die im vorigen Sommer der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vertreten und propagiert hatte. Damals stimmten dieser These allerdings nur 31 Prozent zu. 61 Prozent stützten im August 2021 die Gegenthese, "dass die Abwehr der Pandemie eine staatliche Aufgabe bleibt und der Staat auch Regeln und Beschränkungen auferlegen soll".

Rolle des Staates hinterfragt

Dieser Wert ist in der aktuellen Umfragewelle deutlich zurückgegangen, nur mehr 46 Prozent sehen den Staat in der Verantwortung. 43 Prozent sind der Meinung, Pandemieabwehr sei jetzt Privatsache, besonders deutliche Mehrheiten für diese Ansicht gibt es wiederum unter FPÖ- und MFG-Anhängern sowie bei Ungeimpften, die auch beträchtliche Teile der Wählerschaften dieser Parteien stellen.

Diese Ergebnisse passen in den Kontext jenes Fragekomplexes derselben Umfrage, in der die Prioritäten für die Bundespolitik abgefragt wurden und die der STANDARD in der Vorwoche veröffentlicht hat: Da hatte sich gezeigt, dass nur 25 Prozent der Befragten Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie für sehr wichtig und dringend halten – bei Maßnahmen gegen die Inflation lautet der Vergleichswert 58 Prozent.

Unverändert gegenüber der Vorjahresumfrage ist der Wunsch, dass für Geimpfte mehr Erleichterungen (beziehungsweise weniger Beschränkungen) gelten sollen. 45 Prozent sind auf jeden Fall dafür, 30 Prozent eher – neun Prozent wollen das eher nicht, 16 Prozent gar nicht.

Jeder Fünfte ist strenger als vorgeschrieben

Dabei weist Market-Institutsleiter David Pfarrhofer auf ein weiteres Ergebnis der Umfrage hin: "Man muss bedenken, dass die Leute sich sehr unterschiedlich an die Schutzmaßnahmen halten. Eine große Mehrheit von 61 Prozent gibt an, sich an alle gerade geltenden Vorschriften zu halten und weitere 21 Prozent sagen, dass sie sogar strenger sind, etwa beim Tagen einer Maske auch wenn diese nicht vorgeschrieben ist. Wien, wo die Vorschriften immer ein bisschen strenger sind, liegt da über dem Durchschnitt. Dem stehen aber 14 Prozent gegenüber, die zugeben, dass sie die vorgeschriebenen Maßnahmen nicht ernst nehmen und sei auch nicht vollständig einhalten. Das ist also jeder siebente Befragte – besonders Leute aus ländlichen Regionen. Und die politische Präferenz für MFG oder die FPÖ, die im selben Wählerreservoir fischen, ist bei diesen Leuten auch nicht zu übersehen."

Affenpocken machen wenig Sorge

Schließlich ließ der STANDARD noch erheben, wie die österreichische Bevölkerung auf die Nachrichten zu den Affenpocken reagiert: "In den letzten Tagen hat man von einer neuen Krankheit, den Affenpocken, gehört. Wie sehen Sie das: Befürchten Sie durch die Affenpocken eine neue Herausforderung für das heimische Gesundheitssystem oder werden die Affenpocken keine Belastung für das Gesundheitssystem darstellen?"

Darauf sagten 23 Prozent, dass sie sicher keine Belastung für das Gesundheitssystem erwarten, weitere 46 Prozent sagen, dass das eher nicht der Fall sein wird. Besonders zuversichtlich sind da die Wiener, aber eben auch die schon mehrfach erwähnte FPÖ-/MFG-Wählerschaft. Pfarrhofer erklärt das damit, dass diese Gruppe ja auch die Corona-Pandemie nicht sonderlich ernst genommen hat. Österreichweit meinen nur sieben Prozent, dass die Affenpocken das System auf jeden Fall belasten werden, 24 Prozent glauben, dass das "eher schon" der Fall sein könnte. (Conrad Seidl, 7.6.2022)