Thomas Schmid im Ibiza-U-Ausschuss – im ÖVP-Korruptionsausschuss blieb er bislang zweimal fern.

Foto: APA/Fohringer/Schmid

Um Freundschaften, Postenbesetzungen und Kontaktpflege unter Türkisen geht es in neuen Chats, die dem ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss übermittelt wurden. Die Ermittler haben hunderte Nachrichten zwischen dem vormaligen Generalsekretär im Finanzministerium und späteren Öbag-Chef Thomas Schmid und der ÖVP-Beraterin Gabriela Spiegelfeld ausgewertet. Sie soll im sogenannten Projekt Ballhausplatz eine Rolle gespielt haben, in dessen Rahmen sich Sebastian Kurz zuerst auf die Übernahme der ÖVP und dann auf die Nationalratswahl im Herbst 2017 vorbereitet hatte. Spiegelfeld war ob ihrer exzellenten Vernetzung Verbindungsfrau in die Wirtschaft und organisierte mehrere Veranstaltungen für Kurz.

Die Chats zeigen ein ständiges Ringen um Einfluss beim Team Kurz. "Haben wir den Gouverneur?", fragte Spiegelfeld mit Blick auf die Oesterreichische Nationalbank im Sommer 2018. Diesen Posten sollten dann aber die Blauen mit Robert Holzmann besetzen.

Russe "hortet Milliarden"

Kurz davor war es in den Chats noch um Verbindungen zu "Russen" gegangen, die "begeistert!!!!!" gewesen seien. "Der eine Oligarch war Jahrgang 1985 und hortet Milliarden", staunte Schmid bewundernd. "Halllllooooo", antwortete Spiegelfeld mit zwei Herz-Emojis, "Dafür haben wir jetzt die Kontakte zu ihnen!!!!!!!! Wir machen was draus!" Dem Vernehmen nach soll es dabei um die Sova-Gruppe und deren Übernahmeversuche bei einer Tochter der Raiffeisen Bank International gegangen sein.

Das Thema Russland spielte immer wieder eine Rolle. Ob im Juni 2018, als die OMV unter Rainer Seele ihre Gaslieferverträge mit der russischen Gazprom bis 2040 verlängerte (Thomas Schmid: "Ich sitze gerade bei 50 Jahre Gazprom"), oder im Jänner 2019. Damals beschäftigte sich Spiegelfeld mit Vorstand und Aufsichtsrat der OMV und fragte ihren Chatpartner Schmid: "Warum will Bernd (gemeint: Wolfgang Berndt, damals Aufsichtsratschef der OMV, Anm.) über 10 Mio für Seele zahlen????"

Nicht nur die Gage des OMV-Chefs, sondern auch die Person des Aufsichtsratschefs enervierte die PR-Beraterin offenbar: Sie zweifelte an der Kompetenz von ÖVP-Spender Berndt. Zur Orientierung: Die Öbag ist an der OMV mit 31,5 Prozent beteiligt, und die von Seele verlängerten Gazprom-Verträge haben vorige Woche dazu geführt, dass die OMV-Aktionäre den früheren Unternehmenschef nicht entlasteten. Auch Berndt ist seit Anfang 2021 nicht mehr im Aufsichtsrat tätig.

Glawischnig für den Aufsichtsrat

Regelmäßig übermittelte Spiegelfeld dem damaligen Generalsekretär im Finanzministerium Personalvorschläge, vor allem für Aufsichtsratsposten in staatsnahen Unternehmen. Auch die einstige Grünen-Chefin Eva Glawischnig wurde von Spiegelfeld ins Spiel gebracht: "Grad mit Glawischnig telefoniert. AR kein Problem!!!!!" Auf Anfrage des STANDARD sagt die Ex-Politikerin, die damals beim Glücksspielkonzern Novomatic arbeitete, dass sie als Expertin für das Thema Nachhaltigkeit gefragt worden sei, ob sie sich eine Tätigkeit in diversen Aufsichtsräten vorstellen könne. Das habe sie bejaht, geworden sei daraus aber nichts. Ob es dabei auch um die Staatsholding Öbag ging, weiß Glawischnig nicht mehr.

Die Öbag war sowieso das große Thema zwischen Spiegelfeld und Schmid, der bekanntermaßen deren Alleinvorstand werden wollte und letztlich auch wurde. Schmid alterierte sich etwa darüber, dass der mittlerweile verstorbene Anlegervertreter Wilhelm Rasinger tatsächlich davon träumte, dass der Öbag-Chef "Erfahrung in einem Unternehmen" haben müsse – was Schmid nicht hatte. "Vergiss ihn. Rennt immer! (…) ", beruhigte Spiegelfeld.

Wer hat Angst vor Mei-Pochtler?

Keine ausgesprochen hohe Meinung hatte sie auch von jenem Thinktank, den Kurz unter dem Namen Think Austria ins Leben gerufen hatte. Dessen Team sei "ohne Worte!!!", "Wirtschaftskompetenz – Null", schrieb Spiegelfeld an den damaligen ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior. Thinktank-Chefin Antonella Mei-Pochtler dürfe man "nirgends einbuchen!!!!!!", die solle "ihren Thinktank machen". Offenbar hörte Spiegelfeld, dass Mei-Pochtler ein Auge auf eine Funktion in der Öbag geworfen habe.

Schmid und Spiegelfeld präferierten aber Christine Catasta für den Aufsichtsrat der staatlichen Industrieholding. Glaubte Spiegelfeld zuerst noch, diese habe wegen ihrer Tätigkeit beim Unternehmensberater PwC "kein Compliance Thema", gestaltete sich die Situation zu Jahresbeginn 2019 deutlich anders. "Was für ein Chaos", schrieb Schmid und ortete eine Intrige gegen Catasta bei PwC, für deren Partner er böse Worte fand. Geklappt hat das mit Catasta im Aufsichtsrat dann nicht, sie kam im Herbst 2020 ins Management der Öbag, in der es damals anhand der bekannt gewordenen Chats hoch herging. Nach Schmids erzwungenem Rücktritt wurde sie Interimschefin der Holding.

Damals aber war noch alles gut: Schmid besuchte Spiegelfeld in deren Finca in Mallorca ("am Pool wird mein Platz sein"), und eines war in Spiegelfelds Augen sicher: "Jedenfalls: Wir zwei sind das beste Team!!!!! Bussi". (Renate Graber, Fabian Schmid, 6.6.2022)