Rainer Seele ist als OMV-CEO nicht entlastet – auch wegen des OMV-Deals mit Zenit.

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Laut Nikolaus Rosenauer lassen sich Sponsorings mittlerweile gut bewerten.


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Arno Pajek wird "sofort gefragt, wie oft die Firma für ihr Geld medial vertreten sein wird".

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Wo war die Leistung? Ein geflügeltes Wort in Österreich. Doch in diesem Fall stellt sich die Frage nicht, in diesem Fall ist die Leistung klar. 24 Millionen Euro, verteilt auf fünf Jahre, hat die OMV Aktiengesellschaft, an der die Österreichische Beteiligungsgesellschaft Öbag mit 31,5 Prozent hauptbeteiligt ist, dem russischen Fußballverein Zenit St. Petersburg ab Herbst 2018 zukommen lassen. Das Sponsoring ist als "Unterstützung für das Nachwuchsteam" ausgeschildert, die Zenit-Spieler tragen also den Schriftzug OMV nicht etwa auf ihren Trikots, auch nicht auf den Hosen, nicht einmal auf den Schienbeindeckeln.

Wo war die Gegenleistung? Die Frage drängt sich auf. Sie ist einer der Gründe dafür, dass Ex-OMV-Vorstandschef Rainer Seele vor wenigen Tagen die Entlastung verwehrt geblieben ist. Die Aktionäre hatten mit 71 Prozent dagegengestimmt, das unterschied sich krass von den Abstimmungen über die anderen Vorstandsmitglieder, die mit jeweils 99 Prozent entlastet wurden. Im Fall Seele wird eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag des früheren OMV-Compliance-Chefs untersucht, die der frühere CEO vorgenommen haben soll, aber auch der Sponsoringvertrag mit Zenit St. Petersburg ist ein Thema.

Das könnte sich noch auswachsen, meint der renommierte Rechtsanwalt Nikolaus Rosenauer, der seit Jahren im Sportbereich tätig ist, etwa als Vizepräsident des heimischen Rekordmeisters SK Rapid. Im Gespräch mit dem STANDARD hält Rosenauer prinzipiell fest: "Unter Sponsoring versteht man die Leistung von Geld- oder Sachmitteln mit dem Ziel, eine für den Sponsor wirtschaftlich relevante Gegenleistung zu erhalten." Darunter wären im Wesentlichen Werbe- und Marketingleistungen und positiver Imagetransfer zu verstehen.

Die OMV führt in Russland kein Tankstellengeschäft. Was bringt ihr also der Deal mit St. Petersburg? Auch die Zahl russischer Touristen in Österreich, die bei OMV-Tankstellen tanken oder einkaufen, dürfte überschaubar sein. Laut Rosenauer gibt es "recht verlässliche Bewertungsverfahren, um zu beurteilen, ob die vom Sponsor geleistete Zahlung der Gegenleistung des Gesponserten entspricht". Ob die Zenit-Leistungen für die OMV-Zahlungen adäquat waren, könne er nicht beurteilen. "Das wird sicherlich auch davon abhängen, welche Geschäftstätigkeiten, die für die Sympathisanten von Zenit St. Petersburg relevant sind, die OMV ausübt. Letztlich müsste das durch ein Gutachten festgestellt werden."

Alles reiner Zufall

In dem Zusammenhang fällt auf, dass der russische Ölkonzern Gazprom praktisch im selben Zeitraum und praktisch mit derselben Sponsorsumme den österreichischen Fußballverein Austria Wien bedacht hat. Im Gegenzug? Aber nein, wurde und wird seitens der OMV betont, alles reiner Zufall. Der Kurier berichtete schon vor einem Jahr, dass die OMV, um sich abzusichern, selbst ein Gutachten erstellen ließ. Resultat: Der Gegenwert ihres Zenit-Sponsorings sei marktüblich. OMV-Sprecher Andreas Rinofner: "Ein wesentlicher Teil unseres Geschäftes findet in Russland statt. Daher hat die OMV ein Interesse an einem positiven Unternehmensimage in Russland. Dieses wird durch das Zenit-Sponsoring unterstützt."

Rosenauer will das nicht bewerten, sondern hält wiederum nur generell fest: "Schließt etwa der Vorstand einer AG unter dem Deckmäntelchen ‚Sponsoring‘ einen Vertrag ab, ohne dass die gesponserte Institution eine fürs Unternehmen wirtschaftlich relevante Gegenleistung erbringt, und ist das dem Vorstand bewusst, würde dies den Tatbestand der Untreue erfüllen."

Wieso hat die OMV das viele Geld nicht einfach in den österreichischen Sport gesteckt? Hätte ihr das nicht mehr gebracht? Hatte sie nicht schon mehr von einer weitaus günstigeren Vereinbarung mit Rapid, die sie kürzlich auslaufen ließ? All diese Fragen kann Nikolaus Rosenauer nicht beantworten.

Ein anderer, ebenfalls nicht zuletzt im Sportbereich kundiger Rechtsanwalt macht allerdings kein Hehl daraus, dass ihm "angesichts der Summen das Weinen kommt". Arno Pajek ist Präsident des österreichischen Schwimmverbands (OSV) und sagt dem STANDARD: "Das muss man sich einmal überlegen, wie viel Geld 24 Millionen Euro sind, selbst wenn man das über fünf Jahre verteilt. Und was man damit zum Beispiel im heimischen Sport bewegen könnte!"

Auch Pajek fragt sich: "Ohne den konkreten Sachverhalt zu kennen – was hatte oder hat die OMV von diesem Sponsoring?" Auch er redet von der Gegenleistung, die zu erbringen wäre. "Wenn ich als Verband oder Verein mit einer Firma über ein mögliches Sponsoring rede, werde ich sofort gefragt, wie oft die Firma für ihr Geld medial vertreten sein wird." Der OSV-Präsident betont nicht zuletzt, dass es zwischen Mäzenatentum und Sponsoring einen entscheidenden Unterschied gebe. "Wenn die OMV einem Privatmann gehört, dann ist es seine Kohle, und er kann damit machen, was er will." Unausgesprochener Nachsatz: Die OMV gehört vielen, aber gewiss keinem Privatmann. (Fritz Neumann, 6.6.2022)