Die Strompreise des Verbundes sind an den Strompreisindex (ÖSPI) gebunden, der von der Österreichischen Energieagentur ermittelt wird.

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Energielieferanten wie der Verbund zählen zweifellos zu den großen Profiteuren der Gaskrise. Die Strompreise orientieren sich an den aktuell hohen Marktpreisen, die Anbieter selbst produzieren aber mit billiger Wasserkraft. Das treibt die Margen in die Höhe. Der Verbund wird dieses Jahr voraussichtlich Rekordgewinne einfahren.

Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereins (VSV), fordert nun ein rechtliches Vorgehen gegen das Unternehmen. Da der Verbund selbst billig produziert, sei ein Abstellen auf den Börsenpreis "sachlich nicht gerechtfertigt". Die Arbeiterkammer (AK) und der Verein für Konsumenteninformation (VKI) sollen deshalb Verbandsklagen gegen das Unternehmen führen.

Konkret geht es um eine Klausel, die der Verbund mit Kundinnen und Kunden in den Energielieferverträgen abgeschlossen hat. Demnach sind die Strompreise des Unternehmens an den Strompreisindex (ÖSPI) gebunden, der von der Österreichischen Energieagentur ermittelt wird. Die Energiepreise orientieren sich also automatisch am Index.

Umstrittene Bestimmung

Aus Sicht Kolbas ist das unzulässig. Denn laut Gesetz müssen sich Stromlieferanten bei Preisänderungen an den "maßgebenden Umständen" orientieren. Diese "maßgebenden Umstände" sind laut dem Konsumentenschützer aber nicht die Strompreisindizes, sondern die tatsächlichen, niedrigeren Produktionskosten des Unternehmens. Der Verbund sieht das auf Anfrage des STANDARD naturgemäß anders.

Kolba stößt zudem sauer auf, dass der Nationalrat erst kürzlich mit einer Novelle des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWOG) die Anwendung des Konsumentenschutzgesetzes bei Preisanpassungen ausgeschlossen hat. Der VSV hat nun bei der EU-Kommission Anzeige erstattet und ein Vertragsverletzungsverfahren gefordert. "Ich kann ja nicht eine ganze Branche vom Konsumentenschutz ausnehmen", sagt Kolba zum STANDARD.

Ähnlich sieht das Bernhard Koch, Honorarprofessor für Zivilrecht an der WU Wien. Ob das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) anwendbar sei oder nicht, mache im Ergebnis aber keinen Unterschied. Auch das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) verlange bei Preiserhöhungen eine sachliche Rechtfertigung. Das Verhältnis der Kosten zum vereinbarten Preis müsse ungefähr gleich bleiben.

AK und VKI prüfen

Laut Arbeiterkammer wird eine Klage "derzeit noch nicht in Erwägung gezogen". Die Frage, ob die Erhöhungen rechtens waren, müsse rechtlich eingehend geklärt werden, um das Klagsrisiko einschätzen zu können. Auch der VKI prüfe derzeit die rechtlichen Möglichkeiten – beim Verbund und bei anderen Anbietern. Derzeit gebe es naturgemäß viele Anfragen zum Thema.

Sollten AK und VKI nicht klagen, will Kolba selbst ein Verfahren initiieren. Der private Verbraucherschutzverein kann allerdings keine Verbandsklagen einbringen, sondern nur die Verfahren einzelner Personen unterstützen. "Das ist der Plan B", sagt Kolba. Da es jeweils um relativ kleine Beträge geht, können Klägerinnen in derartigen Verfahren nämlich grundsätzlich nicht zum Obersten Gerichtshof ziehen. (Jakob Pflügl, 7.6.2022)