Die Leiterin der Infektiologie der Med-Uni Wien, Ursula Wiedermann-Schmidt, legt Menschen über 65 Jahren nahe, sich Gedanken über den vierten Stich zu machen.

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Präsent ist die Corona-Pandemie oder das, was vorerst von ihr übrig blieb, nur noch an wenigen Orten. Seit vergangene Woche die meisten Maßnahmen in Österreich gefallen sind, dient der Sommer auch heuer vielen als eine Art Verschnaufpause. Doch laut Expertinnen dürfte diese kürzer ausfallen als gedacht: Demnach soll die nächste Corona-Welle nicht erst im Herbst, sondern bereits in den Sommermonaten Österreich erreichen. Außerdem überlegt das Nationale Impfgremium (NIG) angesichts neuer Erkenntnisse, die Altersempfehlung für den vierten Stich von 80 auf 65 Jahre zu senken.

Wiedermann: Nicht bis Herbst warten

Der Auslöser sind jüngste Daten aus Israel: Wie die Leiterin der Infektiologie der Med-Uni Wien, Ursula Wiedermann-Schmidt, auf orf.at festhielt, hätten diese gezeigt, dass der vierte Stich nicht erst mit 80 Jahren verabreicht werden sollte, um schwere Verläufe zu verhindern. Im Idealfall sollten Menschen ab 65 Jahren bereits jetzt an die vierte Impfung denken. "Ich hielte es für sehr vernünftig, das zu tun", sagt Wiedermann-Schmidt.

Der Abstand zur letzten Impfung oder Infektion sollte demnach vier bis sechs Monate betragen. Von einem Abwarten bis Herbst oder einem generellen Abwarten rät die Infektiologin ab.

Mit diesen neuen Zahlen änderte sich die Haltung des NIG, das im April noch keinen Änderungsbedarf sah. Für jüngere Menschen ist laut Wiedermann-Schmidt derzeit unklar, ob eine vierte Impfung notwendig im Herbst sein wird. "Das wird vom epidemiologischen Geschehen abhängen." Für Personen ab 65 in Wien bleibt alles gleich: Im Gegensatz zu den NIG-Empfehlungen hat Wien bereits am 14. April beschlossen, dass Personen ab 65 Jahren und alle Hochrisikopatienten jeglichen Alters sich eine vierte Impfung holen können.

Anstieg im Sommer erwartet

Zuvor hatte der Molekularbiologe Ulrich Elling von der Akademie der Wissenschaften im "Wien heute"-Gespräch eine neue Corona-Welle für den Sommer prognostiziert. Das hänge hauptsächlich mit den Varianten BA.4 und BA.5 zusammen. Weil diese zu den Omikronviren gehören, sei aber davon auszugehen, dass die Krankheitsverläufe eher leicht sein werden, sagte Elling. Die Frage sei nun, wie sehr sich da BA.4 und BA.5 auswirken können und von welchem Niveau auszugehen sei. In Südafrika etwa seien die Krankenhäuser nicht so stark belastet gewesen.

Elling geht allerdings davon aus, dass die Zahl der Infektionen massiv steigen könnte, "also wieder in die Zehntausende, und dann sich auf diesem sehr hohen Niveau Richtung Herbst weiterbewegt". Wie hoch die Welle werde, hänge aber davon ab, wie viel gemessen, also getestet werde. (etom, 7.6.2022)