Im Prater gingen am Montagabend die Lichter aus.

Heribert Corn

Wien – Es sind Szenen, die man Menschen, die Vergnügungsparks meiden, zuvor häufig als irrationale Ängste unterstellte: stillstehende Fahrgeschäfte, Menschen, die feststecken. Am Montagabend wurden sie real, als in weiten Teilen des zweiten Wiener Bezirks – darunter auch im Wurstelprater – der Strom ausfiel. Wie der STANDARD von der Wiener Berufsrettung am Dienstagmorgen erfuhr, sollen dabei zwei junge Frauen einen Kollaps erlitten haben. Schwer verletzt wurde niemand.

15 Minuten kopfüber

Eine 18-Jährige soll laut der Sprecherin der Berufsrettung etwa 15 Minuten kopfüber in einem Fahrgeschäft gehangen sein, ehe sie befreit werden konnte. Daraufhin erlitt die Frau einen Kreislaufkollaps und wurde von der Rettung ins Spital gebracht. Über ihren derzeitigen Zustand ist auch der Berufsrettung nicht mehr bekannt. Auch eine 16-Jährige erlitt nach dem Stromausfall im Schweizerhaus einen Kollaps. Protokolliert sei dabei nur, dass sie zuvor ein Fahrgeschäft benutzt habe. In ihrem Fall ist noch unklar, ob der Kollaps in Zusammenhang mit dem Stromausfall stand.

Hängengebliebene Kundinnen und Kunden der Prater-Fahrgeschäfte seien durch den Einsatz von Notstromaggregaten relativ schnell wieder auf den Boden gebracht worden. Die Wiener Berufsfeuerwehr musste nicht in den Wurstelprater ausrücken, erklärte ein Sprecher.

Von den Evakuierungen betroffen waren laut Aussendung des Wurstelpraters nur einzelne Teile. Für die Fahrgäste habe keine Gefahr bestanden. "Die Evakuierung verlief reibungslos nach den regulären Evakuierungsplänen der einzelnen Attraktionen. Das sicherheitsgeschulte Personal der einzelnen Betriebe hat die Fahrgäste dabei vorschriftsgemäß und versiert begleitet", hieß es in der Aussendung. Die Fahrgeschäfte werden in so einem Fall manuell heruntergefahren, um die Gäste bei einem Stromausfall binnen fünf bis zehn Minuten evakuieren zu können.

Defektes Kabelverbindungsstück als Ursache

Ursache für den Stromausfall war laut Wiener Netze das defekte Verbindungsstück eines Stromkabels. Mitarbeiter der Wiener Netze waren die ganze Nacht im Einsatz, um den Schaden zu beheben. In der Hafenzufahrtsstraße wurde das defekte Verbindungsstück schließlich lokalisiert.

Zur Behebung wurde der Boden aufgegraben und das Teil ausgetauscht. Bis zu 90 Prozent der 1.500 betroffenen Haushalte waren laut der Sprecherin bereits gegen 21 Uhr wieder ans Netz angeschlossen. Für manche Bezirksteile in der Nähe des grünen Praters und des Lusthauses war es erst am Mittwoch kurz nach 10 Uhr so weit.

Bei den Wiener Netzen vermutet man, dass der Starkregen am Vorabend den Schaden verursacht haben könnte. Möglicherweise ist Wasser erst schrittweise in die Erde gesickert und hat schließlich das Verbindungsstück beschädigt. Grundsätzlich würden 70 Prozent der Stromstörungen von außen verursacht, sagte die Sprecherin dem STANDARD. Starker Regen oder durch Unwetter umgeknickte Bäume, die in freistehende Stromleitungen fielen, seien ebenso häufige Ursachen dafür wie etwa Bagger, die bei Grabungsarbeiten versehentlich Leitungen treffen.

Keine Cyberattacke im Hintergrund

Eine von manchen vermutete Cyberattacke als Ursache des Stromausfalls – Bundesheer und Behörden haben in der Vergangenheit vielfach vor Bedrohungen dieser Art gewarnt – können die Wiener Netze damit ausschließen, heißt es auf Nachfrage. Auch das Bundesheer hat keine entsprechende Anfrage der Wiener Netze erhalten. Denn das Heer wird in solchen Fällen nicht von selbst aktiv, um mögliche Ursachen zu ermitteln, sondern könnte nur von der Stadt Wien zur Assistenz herangezogen werden, etwa wenn man eine Cyberattacke als Ursache vermuten würde. "Wir könnten von uns aus gar nicht mit Nachforschungen im Stromnetz aktiv werden", heißt es vom Bundesheer zum STANDARD.

1.500 Haushalte betroffen

Auch im Ernst-Happel-Stadion waren kurz vor dem Länderspiel Österreichs gegen Dänemark am Montagabend Videowall und Flutlicht ausgefallen. Laut den Wiener Netzen konnte zumindest im Stadion und im Prater nach einer Stunde die Stromversorgung wiederhergestellt werden. Allerdings brauchte die Flutlichtanlage im Stadion bis 21.30 Uhr, um wieder hochzufahren, womit sich das Spiel zusätzlich verzögerte.

Insgesamt waren 1.500 Haushalte betroffen. Im Schnitt braucht es durch die sogenannte doppelte Versorgung in Wien nur rund eineinhalb Stunden, um solche Ausfälle wieder in den Griff zu bekommen. Der Ausfall begann kurz nach 20 Uhr. (etom, tschi, red, 7.6.2022)