Generationenprojekt Kate Bush.

Foto: imago / Sven Simon / imago stock&people

Endlich war es mal nicht die App Tiktok, die einen alten Hit wieder in die Charts katapultiert hat. Nein, es war die beliebte Serie "Stranger Things", die der 63-jährigen britischen Ikone Kate Bush und ihrem 1985 erschienenen Hit "Running Up that Hill" den Wiedereintritt in die tonangebenden amerikanischen Billboard 100 beschert hat – sogar in die Top Ten. Dort befindet sich Bush gerade auf Platz acht zwischen Bad Bunny und Harry Styles; 1985 schaffte sie es nur auf Platz 30.

Die eher wortkarge Künstlerin meldete sich begeistert auf ihrer Website (vermutlich auch anno 85 programmiert) zu Wort. Sie freue sich, dass dem Song neues Leben eingehaucht wurde und er nun ganz viele neue junge Fans gefunden hat. Außerdem sei sie ganz hin und weg vom ersten Teil der vierten "Stranger Things"-Staffel, der kürzlich auf Netflix veröffentlicht wurde. Darin spielt Bushs Song eine wichtige, fast leitmotivische Rolle. Es ist der Lieblingssong von Max, die ihn gewissermaßen dazu verwendet – wir wollen jetzt nicht spoilern –, um geerdet zu bleiben.

Besagte Szene aus der neuen Staffel von "Stranger Things": Vorsicht, Spoiler!
Still Watching Netflix

Kate Bush ist ein Vibe

Musik spielt in der neuen Teilstaffel eine sehr wichtige Rolle – auch "Rock Me Amadeus" kommt vor! –, aber auch schon in früheren Staffeln trug sie dazu bei, das nostalgische 80er-Feeling der Serie, in der das Böse mittels übernatürlicher Kinderarbeit besiegt werden soll, nicht nur auf Bild-, sondern auch auf Tonebene perfekt zu inszenieren. Bis jetzt erlebte aber keiner der Songs auf dem Soundtrack dermaßen große Resonanz bei der Generation Z wie Bushs "Running Up that Hill".

Das mag nicht nur an der unbestrittenen Großartigkeit der Nummer liegen, sondern auch am ganzen – die Gen Z würde jetzt sagen: Vibe Kate Bushs. Während deren musikalisches Genie zwar auch schon in ihrer Glanzzeit erkannt wurde, galt sie dennoch als, na ja, etwas seltsam. Wer macht schon aus der Vater-Sohn-Beziehung zwischen dem Psychoanalytiker Wilhelm Reich und seinem Kind einen Popsong ("Cloudbusting")?

Ikone Kate Bush mit ihrem 1985 erschienenen Hit "Running Up that Hill".
KateBushMusic

Die Gen Z, immer auf der Seite der Outsider, kann mit Bushs Nonkonformismus viel anfangen und liest sie sicherlich auch anders als ihre Ersthörerinnen und Hörer: als LGTBQ+-Verbündete, Feministin, als politischen Menschen, als den sich Bush selbst überhaupt nicht begreift. Aber genau das ist das Schöne an verschiedenen Lesarten, weil sie einen Dialog ermöglichen. Im besten Fall haben Boomer, Millennials und die Gen Z jetzt für einen Tag ein gemeinsames Thema, zu dem sie sich austauschen können: "Running Up that Hill". "Let's exchange the experience, oh, uhh!," heißt es dort ja passenderweise. (Amira Ben Saoud, 7.6.2022)