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EU-weit/Straßburg – Vor der Abstimmung am Mittwoch über das große EU-Klimaschutzpaket "Fit for 55" gibt es ein heftiges Tauziehen über die Details. So ist ein von der EU-Kommission vorgeschlagenes Verbot für Verbrennungsmotoren 2035 besonders strittig. Die ÖVP kämpft diesbezüglich für eine Aufweichung, die FPÖ lehnt das Ziel gänzlich ab. Ein Ausgang der Abstimmung ist noch nicht vorhersehbar.

Acht Gesetzesentwürfe

Mit dem Paket will die EU klimaschädliche Treibhausgase bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent reduzieren sowie bis 2050 klimaneutral werden. Abgestimmt wird über acht verschiedene Gesetzesentwürfe, darunter eine Ausweitung des EU-Emissionshandels auf die Luft- und Schifffahrt, ein CO2-Grenzausgleichsystem, die Lastenteilung, CO2-Normen für Pkws und leichte Nutzfahrzeuge, Landnutzung und ein Klimasozialfonds.

ÖVP: "Sehr ambitioniertes" Ziel

Das Ziel 2035 für das Ende des Verbrennungsmotors sei "sehr ambitioniert", sagte der ÖVP-Europaabgeordnete Alexander Bernhuber am Mittwoch. Die EU sollte besser innerhalb der vorgegebenen Ziele mehr Flexibilität zulassen. Die Abstimmung dazu werde aber sehr knapp ausgehen. Außerdem trete die ÖVP dafür ein, dass die CO2-Gratiszertifikate an die Industrie nicht bruchartig aufhören, sondern linear auslaufen, sagte Bernhuber. Die Mittel aus dem Emissionshandel dürften auch nicht für Atomenergie verwendet werden, wie einige osteuropäische Staaten es verlangten. Die ÖVP-Europaabgeordnete Simone Schmiedtbauer plädierte für mehr Zeit für endgültige Entscheidungen.

SPÖ: Europaparlament als "Tempomacher"

Die SPÖ werde allen acht Vorschlägen der EU-Kommission zustimmen, sagte deren EU-Mandatar Günther Sidl. Es gehe auch um eine Reindustrialisierung Europas ohne rauchende Schlote und um Investitionen in die Infrastruktur. Das Europaparlament sei "Tempomacher" beim Klimaschutz, deshalb sollte auch nichts aufgeweicht oder abgeschwächt werden.

"Das jetzige Jahrzehnt ist klimapolitisch entscheidend, wir müssen Maßnahmen für Wandel setzen", sagte SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder. Wenn die EU nicht jetzt damit beginne, sei auch das Reduktionsziel von minus 55 Prozent CO2 nicht mehr bis 2030 erreichbar.

Grüne beklagen Lobbying

Auch der grüne Europaabgeordnete Thomas Waitz lehnte den Vorstoß von Thaler ab. Biokraftstoffe aus Getreide stammten aus großen Monokulturen und seien weit weg von nachhaltig. Des Weiteren werde das Getreide dringend gebraucht, um Hungersnöte etwa in Ostafrika zu lindern. Außerdem verbrauche die Produktion von synthetischen Kraftstoffe sehr viel Wasser und Energie.

Waitz beklagte eine konzertierte Lobbyingaktion zugunsten des Verbrennungsmotors und gegen das ganze Paket, etwa von Gruppierungen namens "Fridays for Hubraum". Außerdem gebe es Pläne für Ausnahmen für Luxusautos, kritisiert Waitz. Konservative und Liberale würden in einigen Bereichen hinter den EU-Kommissionsvorschlag zurückgehen wollen, so Waitz, der einräumte, dass wahrscheinlich auch die Grünen am Ende in manchen Bereichen "zähneknirschend zustimmen" werden, wenn es eine Verbesserung zum Status quo bringe.

FPÖ gegen Klimaschutzpaket

Die FPÖ lehnt das Klimaschutzpaket rundum ab. Als "rein ideologisch", "völlig unausgereift" und "nicht umweltfreundlich" bezeichnete deren EU-Abgeordneter Roman Haider die Pläne der EU-Kommission für Fit for 55. Durch das Paket würden gravierende Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft drohen. Ein Aus für den Verbrennungsmotor führe zur Verteuerung von Autos, was Geringverdiener und Menschen am Land besonders treffe. Die Batterieproduktion sei um ein Vielfaches umweltschädlicher als moderne Verbrennungsmotoren. Außerdem mache sich die EU so bei Batterien von China und Russland abhängig. Durch ein Aus für Gratiszertifikate würden ganze Industriezweige in Drittstaaten verlagert. (APA, 7.6.2022)