Beschwerde über den ORF und seine Gremien an die Medienbehörde.

Foto: Imago / Sepa Media Martin Juen

Wien – Eine Reihe prominenter Kulturschaffender und Intellektueller haben die Beschwerde des Presseclubs Concordia über Politeinfluss im ORF unterschrieben, darunter etwa Heide Schmidt, Harald Sicheritz, Peter Turrini, Ruth Wodak, Gerhard Oberschlick, Cornelius Obonya, Doron Rabinovici, Erwin Steinhauer, Slavko Ninic, Michael Ostrowski und Robert Menasse.

Frischmuth, Jelinek, Köhlmeier, Kramer, Streeruwitz, Murnberger

Das Anliegen unterstützen nach Informationen aus der Concordia etwa Barbara Frischmuth, Elfriede Jelinek, Michael Köhlmeier, Hubsi Kramar, Chris Lohner, Marlene Streeruwitz, Wolfgang Murnberger.

Unter den Unterzeichnern seien zudem Martin Kreutner, Michael Ikrath, Oliver Vitouch , Andy Kaltenbrunner, Roman Hummel, Fritz Hausjell, Alexander Potyka, Leonhard Dobusch, Adi Hirschall, Gerhard Ruiss sowie Concordia-Präsident Andreas Koller.

Mittwochabend an die KommAustria

Am Mittwoch um 15 Uhr endete die Frist, um die Beschwerde des Presseclubs Concordia gegen Politeinfluss im ORF zu unterstützen. Am frühen Abend wurde sie nun formell bei der Medienbehörde* eingebracht. Die Initiative erreichte nach STANDARD-Infos die nötige Zahl von Unterstützungserklärungen – für eine sogenannte Popularbeschwerde reichen 120.

Der Presseclub Concordia und der Jurist Walter Strobl haben die Beschwerde über Politeinfluss vor allem auf die ORF-Gremien konzipiert. Sie berufen sich auf das Verfassungsgesetz Rundfunk, das von einem ORF-Gesetz verlangt, es müsse "die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe, die mit der Besorgung der im Abs. 1 genannten Aufgaben betraut sind, gewährleisten".

"Strukturelle Einfallstore"

Doch die ORF-Organe Stiftungsrat und Publikumsrat seien "strukturelle Einfallstore für politischen Einfluss" auf den ORF.

Anlass für die Beschwerde ist die jüngste Besetzung des ORF-Publikumsrats durch Medienministerin Susanne Raab (ÖVP). Sie habe Mitglieder in den Publikumsrat entsandt, die von nicht repräsentativen Organisationen vorgeschlagen wurden, zudem formal nicht auf Dreier-, sondern Einzelvorschlägen.

Bestellungen widersprächen ORF-Gesetz

Dieser Publikumsrat entsandte auch so bestellte Mitglieder in den Stiftungsrat, die wiederum dort einen Vorsitzenden – Lothar Lockl – wählten. Daran beteiligten sich auch Stiftungsräte, die nach Ansicht der Beschwerdeführer wegen politischer Beraterfunktionen oder Nähe zu Medienunternehmen den Bestimmungen des ORF-Gesetzes widersprechen.

Die Sideletter von ÖVP und Grünen über Mandate im Stiftungsrat und über Managementfunktionen widersprächen dem Gebot der Weisungsfreiheit von Stiftungsräten, moniert die Beschwerde zudem.

Update: Medienbehörde wies bereits Beschwerde gegen Besetzung des Publikumsrats ab

Die Medienbehörde KommAustria hat bereits in der Vergangenheit eine Beschwerde gegen die Besetzung des Publikumsrats durch das Kanzleramt ohne nähere Behandlung abgewiesen. Darauf verwies der Vorsitzende des Publikumsrats, Walter Marschitz, Donnerstag vor der Sitzung des Gremiums vor Journalisten und im Publikumsrat.

2014 habe sich der Behindertenrat über eine Bestellung des damaligen Medienministers Josef Ostermayer (SPÖ) beschwert. Zuletzt hat etwa auch die Universitätenkonferenz nun in einer Beschwerde zur aktuellen Bestellung moniert. Die Behörde habe argumentiert, sie sei für die Kontrolle des ORF, aber nicht der entsendenden Stelle zuständig, sagte Marschitz.

(fid, 8.6.2022, 9.6. aktualisiert)