Die Venus gibt es schon. Sie ist nach dem Mond das am hellsten strahlende Objekt am nächtlichen Himmel. Wie hell der Planet "TU Linz" strahlen wird, ist offen.

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Für den Wirtschaftsforscher steht fest: "Die TU Linz ist ihr Geld wert." Es sei "sehr gut investiertes Geld", das in die geplante Technische Universität (TU) in der oberösterreichischen Landeshauptstadt fließen soll, sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Linz. Zwar gestand der gebürtige Oberösterreicher, "ein bissl befangen" zu sein bei dem Thema, aber er freue sich, dass es gelungen sei, das Projekt nach Oberösterreich zu holen.

Massiver Gegenwind

Das tun nicht alle. Vor allem aus dem Wissenschaftsbereich baute sich im Begutachtungsprozess eine breite Front auf, von der aus massive Kritik an einer vierten TU (neben jenen in Wien und Graz sowie der Montanuni Leoben) in Österreich geäußert wurde. Landeshauptmann Thomas Stelzer, dem Ex-Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) im August 2020 eine TU ob der Enns versprochen hatte, konterte nun mit einer primär standortpolitischen Studie des deutschen IFO-Instituts, konkret des Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien an der Uni München.

Flankiert von einem der Mitautoren, eben dem Direktor des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr, und dem Geschäftsführer der Industriellenvereinigung (IV) Oberösterreich, Joachim Haindl-Grutsch, erklärte Stelzer erneut, warum eine "TU für digitale Transformation" für ganz Österreich "und natürlich ganz besonders für Oberösterreich" wichtig und richtig sei.

Jedenfalls sei es eine große Sache, denn, so Stelzer, der zu einer nachgerade himmelstürmenden Metapher griff, "die TU für Digitalisierung wird ein neuer, hell glänzender Planet, aber sie wird sich nicht in einem ganz eigenen Universum befinden, sondern es gibt schon das Universum der bestehenden Universitäten, und diese neue, dynamische Uni wird auch im gesamten Universitätsentwicklungsplan der Republik selbstverständlich ihren Platz einnehmen, damit auch die Wechselwirkung mit den anderen, vor allem technischen Universitäten im Lande gegeben ist."

What works?

Was also hat die von der IV Oberösterreich in Auftrag gegebene Studie mit dem Titel "What works? Regionale Auswirkungen von Hochschulgründungen und der Fall der neuen TU Oberösterreich" ergeben? Grundsätzlich räumte Felbermayr methodische Schwierigkeiten ein, die Effekte einer Uni, die es noch gar nicht gibt, "in Zahlen zu fassen". In der Studie steht, man habe in internationalen Studien zuerst den Blick "auf Innovation und Wachstum, anschließend auf den Arbeitsmarkt" gerichtet und dann die "Übertragung auf den oberösterreichischen Kontext überprüft".

Grundsätzlich, betonte der Wifo-Chef, sei der Blick auf die TU Linz in der Studie "ein sehr stark standortpolitischer". Es sei aber "glasklar, dass die Ansiedelung einer solchen Universität für den Standort Oberösterreich große Vorteile bringt", sagte Felbermayr mit Blick auf die "sehr starke Industrieregion", die jedoch "Handlungsbedarf" im Bereich Digitalisierung habe. Derzeit sei Oberösterreich in Relation zu seiner Bevölkerungszahl sowie der Industrieleistung mit Studienplätzen "unterausgestattet".

"Naturgemäß" industrienah

Dem schloss sich der IV-Oberösterreich-Geschäftsführer Haindl-Grutsch an und betonte, wie "eng eingebunden" viele oberösterreichische "Leitbetriebe" in das TU-Konzept seien. Der Bedarf an Uniabsolventinnen mit Kenntnissen der "Universaltechnologie" Digitalisierung sei "enorm hoch". Eine TU habe "naturgemäß eine hohe Industrienähe", diesen "Vorwurf verstehe ich nicht".

Ein paar Zahlen haben die Studienautorinnen und Studienautoren doch herausdestilliert. Ausgehend von einem in Studien über 1500 Regionen weltweit gezeigten positiven Zusammenhang zwischen Hochschulen und Produktivitätseffekten wird für Oberösterreich ein Zuwachs in der Bruttowertschöpfung, also bei den Einkommen, von zwischen 249 und 376 Euro pro erwerbstätiger Person im Zentralraum errechnet. "Für ganz Oberösterreich bedeutet das einen jährlichen Gewinn im Bruttoregionalprodukt von 99 bis 150 Millionen Euro, sobald die neue Universität voll eingeschwungen ist und in die regionale Wirtschaftsstruktur integriert ist."

Wie geht es weiter mit der Planetenerschaffung am Linzer Uni-Himmel? Stelzer zufolge sehe der "sehr straffe Plan" eine Beschlussfassung der neuen TU Linz im Parlament – nicht über das Universitätsgesetz, sondern mit einem eigenen "Gründungsgesetz" – "noch vor dem Sommer" vor. Die ersten Studierenden sollen im Herbst 2023 anfangen. Was die Finanzierung anlangt – ein großer Angst- und Kritikpunkt der bestehenden Unis –, sagte Stelzer, das Land verhandle mit dem Bund gerade eine 15a-Vereinbarung.

150 Millionen Euro ab 2036

Laut Wissenschaftsministerium erhält die Uni Linz, auf deren Campus die Digital-TU angesiedelt werden soll, für die Gründungsphase einmalig 18 Millionen Euro aus der "Ministerreserve". Für 2024 und 2025 sind im Bundesfinanzrahmen insgesamt 45 Millionen vorgesehen, im Vollausbau ab 2036 mit 6.300 Studierenden soll die TU Linz vom Bund voraussichtlich jährlich 150 Millionen Euro Budget bekommen. (Lisa Nimmervoll, 9.6.2022)