Der Vorarlberger Wirtschaftsbund beschäftigt Steuerprüfer und Ermittler.

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Bregenz – Während Roland Frühstück, ÖVP-Klubchef in Vorarlberg, am Mittwoch im Landtag die Opposition mit "Hyänen" verglich, die sich an der Wirtschaftsbund-Affäre delektierten, haben die Steuerprüfer bereits das nächste Kapitel in der Causa aufgeschlagen. Sie prüfen nach wie vor die Teilorganisation der ÖVP – und haben eine weitere Selbstanzeige erhalten. Diese hat der ehemalige Wirtschaftsbund-Direktor Walter Natter erstattet.

Er räumt ein, von 2014 bis 2016 Versicherungsprämien für sich selbst von Wirtschaftsbund-Konten überwiesen zu haben. Dabei habe er außerdem "Sorge getragen, dass die tatsächliche Verwendung der Zahlung des Wirtschaftsbunds nicht als Zahlung an meine Person kenntlich war". Natter habe die Zahlungen deswegen beispielsweise unter dem Titel "Gemeindevertretungswahl" auf ein unrichtiges Buchhaltungskonto gebucht.

Versicherungsprämien

Er bedauere sein Verhalten nachträglich und wisse, dass es nicht korrekt und finanzstrafrechtlich relevant war, schreibt Natter. Er habe sich der Abgabenhinterziehung schuldig gemacht.

An nichtversteuertem Rückersatz von Versicherungsprämie seien an ihn 72.000 Euro gezahlt worden – den hinterzogenen Steuerbetrag habe er gleichzeitig mit seinem Schreiben auf sein Abgabenkonto eingezahlt.

Natter war 35 Jahre lang Direktor des Vorarlberger Wirtschaftsbunds. Er ging zwar Ende 2017 in Pension, blieb der Teilorganisation aber noch erhalten, wie aus anderen Dokumenten der Betriebsprüfung ersichtlich ist.

Mit dem Schreiben bestätigt Natter einen Punkt, den die Finanzprüfer vor einigen Wochen noch unter "offene Fragen" führten. Für die Beamten war aber nicht nur die Überweisung an die Lebensversicherung ein Thema, auch die Übergabe eines BMW an Natter zum Ende seiner Amtszeit warf bei den Prüfern Fragen auf. Der Neuwert des Fahrzeugs habe rund 60.000 Euro betragen, knapp ein Jahr nach dem Kauf sei Natter eine Forderung von nur 33.000 Euro gestellt worden, bezahlt wurde offenbar nie. Laut den Prüfern lag der Buchwert des Autos weit höher, nämlich bei rund 49.000 Euro. Ob Natter das Auto in die Pension tatsächlich gratis mitgenommen hat, ist nach wie vor unklar.

DER STANDARD konfrontierte Natter mit dem von ihm verfassten Schreiben und den offenen Fragen bezüglich des BMW. Vom ehemaligen Wirtschaftsbund-Chef gab es aber keine Antwort.

Auch die Justiz ermittelt

Natter dürfte zu jenen Personen gehören, gegen die bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch eine Anzeige wegen Abgabenhinterziehung eingebracht wurde. Wer die Personen sind, die von der Finanz angezeigt wurden, bestätigte die Behörde nie. Nur dass es mehrere seien und der Wirtschaftsbund auch als Verband angezeigt worden sei, ist bekannt.

Bevor die Finanzbeamten im Februar den Wirtschaftsbund unter die Lupe nahmen, prüften sie bereits Walter Natter und seinen Nachfolger, Jürgen Kessler, der im April als Direktor zurückgetreten ist. Da aus diesen Prüfungen bereits jene Details bekannt waren, die der Wirtschaftsbund in seiner Selbstanzeige später einräumte, wurde diese später vom Amt für Betrugsbekämpfung als unwirksam qualifiziert. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sprach im Landtag jedenfalls wieder von "Angriffen aus Wien" gegen seine Person. Jegliche Vorwürfe, er habe beim Inseratenkeilen für das Wirtschaftsbund-Magazin mitgemacht, seien "eine glatte Lüge". Sein Koalitionspartner im Ländle, die Grünen, plädierten jedenfalls für einen U-Ausschuss. Die Opposition beklagt da mangelnde Kontrollrechte, aber: Auch ein Tiger mit weniger Zähnen könne jagen, so die Grünen. (Lara Hagen, Fabian Schmid, 8.6.2022)