Auch wenn die Badesaison aktuell eine Schlechtwetterpause einlegt, ist sie in vollem Gang. Spätestens am Wochenende sollen die Temperaturen wieder steigen. Dann zieht es viele ins Schwimmbad. Doch Schwimmen ist nicht nur Spaß und ein gesunder Sport, sondern auch eine Überlebenstechnik, die nicht jeder hierzulande beherrscht. Rund 600.000 Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmer gibt es laut einer Untersuchung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) derzeit in Österreich. Davon sind rund 148.000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen fünf und 19 Jahren.

Weil aufgrund der Pandemie die Schwimmkurse ausgefallen sind, können sich viele Kinder nicht über Wasser halten.
Foto: APA/dpa/Uwe Anspach

"Unsere Erhebungszahlen zeigen, dass sich die Negativrekorde gegenüber den Erhebungen aus dem Jahr 2020/2021 tendenziell minimal, aber immerhin verbessert haben", sagt Johanna Trauner-Karner, Leiterin der Abteilung Sportsicherheit im KFV. Dennoch: In der Altersgruppe der Kinder beim Schwimmenlernen und bei der Schwimmfrequenz liegen die Zahlen hinter dem Vor-Corona-Niveau. "Hier besteht weiterhin dringender und vor allem nachhaltiger Handlungsbedarf", so Trauner-Karner. Denn infolge der Corona-Pandemie kam es in Österreich zu Komplettausfällen beim Schwimmunterricht mit Millionen entfallenen Schwimmstunden. Im zweiten Jahr der Pandemie wurde das Angebot zwar wieder leicht erhöht, dennoch fanden in den vergangenen zwölf Monaten in Österreich laut Kuratorium rund 4,2 Millionen Schwimmstunden nicht statt.

Durchschnittlich sterben in Österreich jährlich zwischen 22 und 47 Personen durch Ertrinken. Bei tödlichen Kinderunfällen ist Ertrinken sogar die zweithäufigste Todesursache in Österreich.

Viele ungeübte Schwimmerinnen

Doch nicht nur die Zahl jener, die gar nicht schwimmen können, sondern auch die Zahl der ungeübten Schwimmerinnen ist hoch. Das ist auch eine Frage der Praxis: "Über alle Altersgruppen hinweg sehen wir, dass die Schwimmfrequenz nach wie vor auf niedrigem Niveau ist. Bei der Altersgruppe 50 plus ist die Schwimmfrequenz nach wie vor sogar halb so hoch wie vor Corona", sagt Trauner-Karner. Der Anteil der sehr unsicher bis mittelmäßig Schwimmenden ist von 2021 auf 2022 um fünf Prozentpunkte auf 29 Prozent gestiegen.

Grafik: KFV

Bei den Kindern bedeute die geringe Schwimmfrequenz, dass "etliche zwar mit ersten Schwimmversuchen gestartet haben, dennoch damit zu wenig Übung haben, um sicher schwimmen zu können". Das sei vor allem für Eltern und Aufsichtspersonen ein wichtiger Gefahrenhinweis, das Können ihrer Kinder nicht zu überschätzen, betont Trauner-Karner.

Wie in vielen anderen Bereichen haben die letzten Jahre auch beim Schwimmen bestehende Unterschiede in den Bevölkerungsgruppen verstärkt. Sozial schwächer gestellte Bevölkerungsgruppen hatten in den vergangenen Jahren die wenigsten Möglichkeiten, schwimmen zu gehen.

Wiener Schwimmkurse

In Wien hat man bereits reagiert. In den Sommerferien 2022 können Wiener Schulkinder, die in den Schuljahren 2019/20, 2020/21 oder 2021/22 die dritte Schulstufe besucht haben, den Schulschwimmunterricht nachholen, der aufgrund der Pandemie nicht stattfinden konnte. Angeboten werden zehntägige Intensivschwimmkurse mit maximal sechs Kindern pro Kurs für Anfängerinnen. Im Rahmen des Ersatzschulschwimmkurses gibt es die Möglichkeit, ein offizielles Schwimmabzeichen zu erwerben.

Der Kurs kostet 25 Euro. Darin ist für die Kinder auch der Eintritt in das Bad für die Dauer des Kurses enthalten. Von den Kosten ausgenommen sind Eltern, die Mindestsicherung beziehen und einen entsprechenden Nachweis vorlegen. Die Anmeldung ist bis 19. Juni direkt im Bad oder online möglich.

Außerdem erhalten alle Kinder, die in den Pandemiejahren die dritte Klasse besucht haben, bis Anfang Juni die Aktionskarte "Wien schwimmt!" in den Schulen. Damit können Kinder und ihre Begleitperson von Juli bis September sechsmal kostenlos ins Hallen- oder Freibad gehen.

Mehr "innovative" Maßnahmen

Das ist dem Kuratorium zu wenig: Es müssten "auf allen Ebenen die Anstrengungen noch einmal weiter verstärkt werden". Es brauche "innovative Maßnahmen, angefangen von weiteren Förderungsunterstützungen bis hin zu unbürokratischen Zugängen zu Wasserflächen, Bädern und Unterstützung der Schulen bei der verstärkten Schulschwimmausbildung im Rahmen des Schulsports", sagt Trauner-Karner. (ook, 9.6.2022)