Rechtsanwalt Oliver Peschel erklärt im Gastblog, warum Spielverluste aus Onlinepokerspielen zurückgefordert werden können.

Poker ist der Name einer Familie von Kartenspielen, die normalerweise mit 52 Karten gespielt werden und bei denen mithilfe von fünf Karten eine Hand – das sogenannte Pokerblatt – gebildet wird. Dabei setzen die Spieler, ohne das Blatt des Gegners zu kennen, einen unterschiedlich hohen Einsatz (zum Beispiel Spielmarken, Chips, Geld).

Die von den Spielern eingesetzten Chips eines Spiels – der sogenannte Pot – fallen schließlich demjenigen Spieler mit der stärksten Hand zu oder dem einzig Übriggebliebenen, wenn alle anderen Spieler nicht bereit sind, den von ihm vorgelegten Einsatz ebenfalls zu setzen. Dies eröffnet die Möglichkeit, durch Bluffen auch mit schwachen Karten zu gewinnen.

Das Ziel im Poker ist es, möglichst viele Chips, Spielmarken oder Geld von anderen Spielern zu gewinnen. Je nach Spielvariante hat der Spieler verschiedene Möglichkeiten, sein Blatt zusammenzustellen. Auch die maximale und die bevorzugte Spieleranzahl sind je nach Variante unterschiedlich. In regulären Casinos werden ebenso Spielvarianten angeboten, in denen die Spieler nicht alle gegeneinander um einen Pot spielen, sondern jeweils einzeln gegen das Casino selbst. Das Spiel wird jedoch auch im Internet angeboten, und das meist nicht legal.

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Zahlreiche höchstgerichtliche Judikate

Das Zivilrecht bietet die Möglichkeit der Rückforderung von Spielverlusten, wenn die Spiele von nicht konzessionierten Anbietern abgehalten werden – dies wird vom Obersten Gerichtshofs in ständiger Judikatur bestätigt. Zu den illegalen Glücksspielen zählen etwa Slots (virtuelle einarmige Banditen), Roulette oder Blackjack. Dazu hat das Höchstgericht in jüngster Zeit nun auch in zahlreichen Judikaten festgehalten, dass sich dies ebenso auf Onlinepokerspiele bezieht. Angeboten wird Onlinepoker von bekannten Unternehmen wie etwa Pokerstars oder GGPoker. Solche Anbieter verfügen jedoch über keine Glücksspiellizenz in Österreich.

Die Anbieter, welche in Österreich über keine Konzession verfügen, brachten in den gegenständlichen Verfahren vor, dass sie nicht passivlegitimiert seien – sie argumentierten, dass sie lediglich eine Plattform zur Verfügung stellen würden, die Spiele jedoch nur zwischen den Pokerspielern stattfänden und damit kein Vertrag mit dem Anbieter zustande gekommen sei. Das Casino war der Meinung, man solle sich seine Pokerverluste doch bei den Spielern holen, die am Pokertisch gewonnen hätten. Die Casinos argumentierten in den Verfahren weiter:

Das Onlinecasino (etwa in der Entscheidung 6 Ob 229/21a) hebe nur eine Servicegebühr ("Rake") für das Bereitstellen der Pokerplattform ein und sei nicht durch die Pokereinsätze bereichert. Das in Österreich geltende Glücksspielmonopol sei zudem unionsrechtswidrig, da es ausländische Anbieter angeblich diskriminiert. Somit beantragte das Onlinecasino die Abweisung der Klage.

Der OGH gab dem Spieler in der genannten Entscheidung recht und begründete dies damit, dass das Casino für den Bereicherungsanspruch wegen des verbotenen Glücksspiels sehr wohl passivlegitimiert sei, da der Kläger seine Einsätze für das verbotene Glücksspiel zuallererst auf sein Spielerkonto beim Casino geleistet habe.

Die Passivlegitimation der Beklagten ergibt sich somit daraus, dass sie Empfängerin der Leistung des Klägers war. Schon durch die Einzahlung auf das Spielerkonto kommt es zu einer bewussten und zweckgerichteten Vermögensverschiebung zugunsten des Onlinecasinos auf Grundlage der (unwirksamen) vertraglichen Vereinbarung zwischen ihr und dem Nutzer. Von einer (Vorab-)Zahlung zur Abwicklung eines allfälligen, im Einzahlungszeitpunkt noch gar nicht abgeschlossenen Glücksvertrags mit künftigen, meist unbekannten und anonymen Mitspielern könne nach Ansicht des OGH keine Rede sein.

Somit gab das Höchstgericht dem Kläger im Ergebnis recht, und die Verluste aus dem Onlinepoker konnten erfolgreich zurückgefordert werden. Dies wurde in der Folge auch in zahlreichen weiteren Urteilen bestätigt.

Großes Suchtpotenzial am (illegalen) Onlinespielemarkt

Am Onlinemarkt ist die stärkste Zunahme an Spielsuchterkrankungen erkennbar. Dies betrifft naturgemäß auch online abgehaltene Pokerspiele. Im Gegensatz zu anderen Verhaltenssüchten ist das pathologische, zwanghafte Glücksspiel auch als eigenständige psychische Erkrankung im internationalen Krankheitsklassifikationssystem der WHO (ICD 11) anerkannt. Im Lichte dessen sind die jüngsten höchstgerichtlichen Entscheidungen im Sinne des Spielerschutzes sehr zu begrüßen.

Nun ist zwar die Frage über die Pokerspiele im Internet geklärt, ein weiteres Problemfeld stellen allerdings sogenannte Lootboxen in Onlinegames dar (Lootboxen als Glücksspiele). Es stellt sich die Frage, ob diese auch als Glücksspiele im Sinne des Glücksspielgesetzes (GSpG) zu betrachten sind – sofern dies der Fall ist, könnte man auch Verluste daraus zivilrechtlich zurückfordern. Diese "virtuellen Kisten" bergen ebenfalls großes Risiko für Suchterkrankungen und bereiten aufgrund der vermehrt jungen Zielgruppe darüber hinausgehenden Grund zur Besorgnis, da sie ein Einstieg in das "echte Glücksspiel" sein könnten. Die Hemmschwelle wird in den Onlinegames gesenkt, wodurch Jugendliche subtil an Glücksspiele herangeführt werden. Diesbezüglich findet sich noch keine (höchst)gerichtliche Judikatur, allerdings gibt es Bestrebungen, auch diesen Bereich gesetzlich zu regulieren. (Oliver Peschel, 15.6.2022)