ORF-Finanzdirektorin Eva Schindlauer baut an einer internen "Bewertungsmatrix" für Programm, das öffentlich-rechtliche Aufgaben berücksichtigt.

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Wien – ORF-Generaldirektor Roland Weißmann sieht Österreichs größten Medienkonzern vor "finanziell sehr herausfordernden" Jahren. "Wir werden uns sehr anstrengen müssen", kündigte Weißmann Donnerstag im Publikumsrat "härtere Maßnahmen" an, "um die wirtschaftlichen Herausforderungen zu meistern".

Schwarze Null 2022

Alleingeschäftsführer Weißmann hat in seinem Jahres-Forecast für 2022 vom März vor zwölf Millionen Euro Verlust gewarnt, im Extremfall sogar mehr als 40 Millionen Euro. Wie schon nach dem ORF-Stiftungsrat betonte Weißmann im Publikumsrat: "Wir werden das Jahr 2022 mit einer schwarzen Null abschließen", also einem ausgeglichenen Ergebnis.

Das erfordere aber "finanzielle Maßnahmen" – die Weißmann im Publikumsrat auch auf Nachfrage von Mitgliedern nicht näher ausführte. Er verwies auf voraussichtlich im Jahresschnitt 6,5 Prozent Inflation – und im Herbst stehen traditionell Verhandlungen über die jährliche Gehaltsanpassung der verschiedenen Kollektivverträge und älterer Regelungen an. Bei – für 2022 budgetierten – 364 Millionen Euro Personalaufwand wiegt jeder Prozentpunkt Anpassung grob überschlagen 3,6 Millionen Euro pro Jahr.

Streaminglücke bringt Minus, Teuerung nicht einfach weiterzugeben

Die erst mit Februar umgesetzte Gebührenerhöhung um acht Prozent, kalkuliert auf fünf Jahre, sei auf der Basis weit geringerer Inflationsraten berechnet, betonte Weißmann. Darauf bezog sich auch Finanzdirektorin Eva Schindlauer im Publikumsrat: "Wir können unsere Preise nicht wie Handelskonzerne anpassen." Und zudem bringe "die Streaminglücke ein Minus", erklärte Schindlauer – also die GIS-Freiheit für die reine Streamingnutzung.

Die Lage sei angespannt, sagte die Finanzdirektorin, aber: "Unser fester Fahrplan ist, auf null abzuschließen." Der Lücke in der Finanzvorschau für 2022 müsse der ORF – ungenannte – Maßnahmen gegenüberstellen. "Salopp gesagt: Schleifen lassen kann man sich nicht mehr leisten." In der Prognose von März wurde etwa der forcierte Abbau von Urlaubsguthaben als Maßnahme genannt.

"Jeden Euro dreimal umdrehen"

"Wir werden uns anstrengen müssen, jeden Euro nicht nur wie bisher zweimal, sondern dreimal umzudrehen", sagte General Weißmann. "Wir werden das schaffen, aber es wird finanziell ambitioniert bleiben."

Quote und Geld

Keine Sparmaßnahme indes ist laut Schindlauer eine neue interne Programmbewertung, die die Geschäftsführung im Publikumsrat als eines ihrer größeren Vorhaben nannte. "Derzeit" gebe es in dieser internen Bewertung zwei Maßstäbe: "Quote und Geld", sagte Schindlauer vielleicht etwas missverständlich für ein Unternehmen mit öffentlich-rechtlichen Aufträgen. Dieses System greife zu kurz, man baue eine "Bewertungsmatrix" auf, die die Kriterien auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag ausweite. Hier gehe es nicht um Sparmaßnahmen am Programm, sondern um "bestmögliches Investieren" im Sinne der Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler. (fid, 9.6.2022)