"Wir werden Wellen haben, nicht nur heuer, sondern auch in weiterer Folge", sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Donnerstag.

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Es wird also wieder ernst. Daraus machte der grüne Gesundheitsminister Johannes Rauch kein Geheimnis. Die Corona-Infektionszahlen steigen allmählich wieder an – diesmal schon vor dem Sommer. Das habe man allerdings erwartet, erklärte der Minister am Donnerstag. Rauch sieht eine größere Corona-Welle wieder im Herbst auf uns zukommen. Spätestens dann werde auch wieder wie gewohnt Maske getragen werden müssen, sagte Rauch.

Aber auch dann sei die Pandemie nicht zu Ende. "Wir werden Wellen haben, nicht nur heuer, sondern auch in weiterer Folge", gab Rauch zu bedenken. Man könne diese mit Auffrischungsimpfungen und anderen Maßnahmen nur dämpfen und damit die Spitäler entlasten. Es sei daher an der Zeit, mit dem Virus leben zu lernen.

Deshalb hält der Gesundheitsminister auch nichts mehr von weiteren Lockdowns und Schulschließungen im Herbst, wiewohl er Letzteres auch weiterhin nicht vollständig ausschließen könne. Leere Klassenräume gelte es aber, "so lange es geht", zu vermeiden. Jedenfalls sei es nicht mehr möglich, dieses "Erregungs- und Stressniveau" der vergangenen beiden Pandemiejahre weiter aufrechtzuerhalten. Das treibe nur einen immer größer werdenden Spalt durch die Gesellschaft.

Welle im Sommer möglich

Um etwas weiter in die Zukunft blicken zu können, wurden für das zweite Halbjahr 2022 von einem Team um Nikolas Popper (TU Wien, dwh GmbH) Langzeitsimulationen durchgeführt und 20 mögliche Szenarien analysiert. Gemäß den Schätzungen verlieren 4,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher ihren Immunschutz gegen die BA2-Variante, weshalb die Zahl der Neuinfektionen wieder steigen wird. Die nächste Welle kann im Spätsommer oder erst im Oktober bzw. November kommen. Ist es im Sommer so weit, folgen darauf weitere Wellen, aber mit niedrigeren Fallzahlen.

Wenn sich die Hälfte derjenigen, die sich eine Boosterimpfung geholt haben, im Juli und August wieder impfen lassen, kann das laut den Modellrechnungen die Fallzahlen im Herbst um 15 bis 20 Prozent drücken – die Welle selbst wird dadurch aber nicht vermieden werden. Stärker sei der Effekt rechtzeitiger Boosterimpfungen auf die Spitalsbelegung: mit einer Reduktion um rund ein Viertel der Maximalbelegung der Intensiv- sowie der Normalbetten.

Rauch will an die Basis

Gemeistert werden soll der Herbst daher mit Auffrischungsimpfungen. Personen ab 65 Jahren sollen ihren vierten Stich möglichst zeitnah bekommen und wohl im Herbst einen fünften. Für den Rest dürfte die Auffrischung Ende August oder Anfang September relevant werden, damit die Immunität lange hält. Noch im Juni soll eine Empfehlung des Nationalen Impfgremiums für den Herbst vorliegen.

Wie wichtig die Auffrischung ist, darüber will Rauch nicht mehr länger allein reden. Mit einer Ministeransage bewege man niemanden mehr zur Impfung, befand er. Man müsse vielmehr dorthin, "wo die Leute sind". Künftig sollen etwa Gemeinden, die freiwilligen Feuerwehren, aber auch die Hausärzte in eine Aktion eingebunden werden und für eine höhere Impfquote sorgen. Wie genau das funktionieren soll, ist noch offen.

In den Spitälern ist das Virus derzeit fast kein Thema. Auf den Corona-Intensivstationen lagen am Donnerstag bundesweit nur 39 Patientinnen und Patienten. Mit der leichten Zunahme der Fallzahlen in den letzten Wochen stabilisierte sich die Auslastung der Intensivstationen auf geringem Niveau.

Mit einem problematischen Anstieg im Spitalsbereich wird selbst auf dem Peak der erwarteten BA.4/5-Sommerwelle aber "keinesfalls gerechnet", wie es aus dem Büro von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) heißt. Eine Modellrechnung vom 19. Mai geht trotz aller Lockerungen von nur rund 25 Corona-Intensivbetten in Wien auf dem Höhepunkt der Sommerwelle aus. Zuletzt waren es in Wien im Durchschnitt 13 Betten. (David Krutzler, Jan Michael Marchart, Gudrun Springer, 9.6.2022)