Benzema weiß, wo das Tor steht.

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Nimmt man Karim Benzemas bisheriges Fußballjahr, könnte man meinen, es bräuchte Löcher im Rasen, um den Stürmer aus Frankreich aufzuhalten: 44 Tore, 15 Assists in 46 Partien für Real Madrid. Mit den Spaniern holte er die Meisterschaft und die Champions League. Kurz: Der Mann spielt ein herausragendes Jahr.

Insgesamt hat Benzema für Real in 605 Partien 323 Goals erzielt und 159 Treffer vorbereitet: Der Mann ist also ein Superstar. Österreichs Defensive weiß das natürlich, und dennoch gilt der 34-Jährige am Freitag im Match gegen Frankreich als größtes Problem.

Karim Mostafa Benzema wuchs in Terraillon, einem Bezirk von Bron im Speckgürtel Lyons, auf. Das Viertel ist kein Ponyhof, es gilt als hartes Pflaster. Die Benzemas, also Mutter Wahida, Vater Hafid, der aus Algerien stammt, und Karims vier Schwestern und drei Brüder, wohnen nur einen Steinwurf vom Kickplatz des SC Bron Terraillon entfernt. Karim war ein schmächtiger Junge, schaffte es über den SC in die Akademie von Lyon. Sein früherer Mitspieler Anthony Mounier sagte einmal über ihn: "Bis 14 war Karim ein normaler Spieler, schlaksig und dünn, nichts Spezielles. Einzig sein Torriecher hat ihn ausgezeichnet."

Vor Gericht

Die Pubertät half Benzema auf die Sprünge, er schaffte es in die erste Mannschaft von Lyon und Frankreichs Jugendauswahlen. Seine Karriere nahm ordentlich Fahrt auf, 2009 wechselte er zu Real Madrid.

Der praktizierende Muslim, verheiratet und Vater zweier Kinder, rückte aber auch sonst ins Rampenlicht: 2014 wurde er gemeinsam mit Teamkollege Franck Ribery angeklagt, mit einer minderjährigen Prostituierten Sex gehabt zu haben. Die Männer wurden freigesprochen. Ein Jahr später musste Benzema erneut vor Gericht. Der Grund: die versuchte Erpressung seines Nationalmannschaftskollegen Mathieu Valbuena mit einem Sexvideo. Der Hauptangeklagte Karim Zenati, ein Jugendfreund Benzemas, musste für 15 Monate ins Gefängnis. Benzema wurde als Mittäter schuldig gesprochen und fasste eine Bewährungs- und Geldstrafe aus. Man kann die Burschen eben aus Bron holen, aber Bron nicht aus den Burschen.

Benzema wurde für fünf Jahre aus der Nationalmannschaft ausgeschlossen, seit 2021 darf er wieder für die Franzosen spielen. In Spanien sagt man, Benzema hätte die Füße eines Mittelfeldspielers und die Augen eines Stürmers. Da helfen dann auch keine Löcher im Rasen mehr. (Andreas Hagenauer, 9.6.2022)