Der Täter von Uvalde benutzte eine Waffe der AR-15-Bauart, ähnlich wie diese hier. In einigen US-Bundesstaaten sind solche Gewehre relativ leicht erhältlich.

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Geschichte hat hin und wieder die Neigung, sich zu wiederholen. Nach Attentaten in einem Supermarkt in Buffalo und einer Grundschule in Uvalde ist in den USA wieder eine Diskussion über die Waffengesetzgebung entbrannt. Im Repräsentantenhaus wurden kürzlich mit knappen Mehrheiten verschiedene Verschärfungen beschlossen, darunter eine Erhöhung des Mindestalters beim Kauf, umfassende Background-Checks und die Schließung von Schlupflöchern bei der Beschränkung sogenannter "Bump Stocks", die es ermöglichen, halbautomatische Waffen ähnlich wie automatische Waffen abzufeuern. Die von den Demokraten ausgehende Initiative wird aber voraussichtlich im Senat scheitern, auch aufgrund von Widerstand in den eigenen Reihen.

Schon länger Maßnahmen gesetzt hat Facebook. Bis 2016 war das soziale Netzwerk in den USA ein wichtiger Umschlagplatz für Waffen. Infolge des Attentats auf die Sandy Hook High School und wachsenden Drucks durch zivilgesellschaftliche Organisationen und die Obama-Regierung verbannte die Plattform den Handel mit Waffen.

Ten Strikes

Doch offenbar wird dieses Verbot nur relativ lax umgesetzt. Das geht aus internen Dokumenten und Gesprächen mit sechs aktuellen und ehemaligen Angestellten hervor, welche die "Washington Post" geführt hat. Die anonym bleibenden Insider erklären, dass es hier schon länger Konflikte zwischen den für die Regelsetzung zuständigen Teams und der Führung der Plattform gibt.

Öffentlich spricht Meta nicht über die Arbeitsweise solcherlei Moderation auf Facebook. Laut den Insidern und Dokumenten gilt für Käufer und Verkäufer allerdings eine "Ten Strikes"-Regel. Das bedeutet, dass sie zehnmal gegen das Verbot von Werbung für und den Verkauf von Waffen verstoßen müssen, ehe Facebook sie sperrt. Begründet wird dies unter anderem damit, dass viele Nutzer sich über das Verbot nicht im Klaren seien, da der Handel mit Waffen in den USA ja prinzipiell legal sei. Bis 2020 soll das Verwarnungslimit sogar noch höher gelegen sein.

Eine Einschränkung, wenn auch eine überraschend sanfte, gibt es für Käufer und Verkäufer, die zu Gewalt aufrufen oder "bekannte gefährliche Organisationen" loben. Hier schreitet man bereits nach fünf Verstößen ein. Die Vorgangsweise unterscheidet sich von jener bei anderen Sperrgründen. Wer Kinderpornografie postet oder sein Profilbild mit einer Naziflagge schmückt, wird sofort gesperrt. Wer Desinformation verbreitet, wird bei drei Vergehen in 90 Tagen beim ersten Mal temporär ausgeschlossen.

Waffenhandel zunehmend auf eigenen Plattformen

In seiner Stellungnahme streitet Facebook die Existenz der "Ten Strikes"-Regel nicht ab, betont aber, dass man Postings, die gegen das Waffenverbot verstoßen, "sehr schnell" entferne. Zudem zögere man nicht, die Behörden einzuschalten, sollte ein schwerer Regelbruch vorliegen oder zu befürchten sein, dass jemand zu Schaden komme. Zudem machten Waffenverkäufe nur noch einen Bruchteil der Handelsaktivitäten auf Facebook aus, und fast 90 Prozent der Nutzer, die eine erste Warnung erhalten, würden keine weiteren Verstöße begehen.

Andere Plattformen sind bei dem Thema strenger. Youtube etwa verbietet sämtliche Inhalte, die dem Vertrieb von Waffen dienen, ebenso wie Links auf Seiten, auf denen es Schusswaffen zu kaufen gibt. Wer innerhalb von 90 Tagen drei Verstöße begeht, verliert seinen Kanal. Tiktok gibt an, Nutzer bereits beim ersten Regelbruch in Bezug auf den Verkauf von Waffen zu sperren.

Facebooks Regeln zu Waffenverkäufen sind aber nur ein Teil des Problems. Denn, so schreibt die "Washington Post", der Onlinehandel mit Waffen findet zum größten Teil nicht mehr auf sozialen Netzwerken statt, sondern auf spezialisierten Handelsplattformen. (gpi, 10.6.22)