Phil Mickelson hat den Mord am Journalisten Jamal Ahmad Khashoggi als Fehler bezeichnet, wie er schon einmal passieren kann. So lässt es sich locker für saudisches Geld golfen

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Entweder oder, heißt es für US-PGA-Chef Jay Monahan.

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Der professionelle Golfsport wird von einem Machtkampf gestört. Eine neue Turnierserie macht dem US-Platzhirsch mit Milliarden aus Saudi-Arabien einige Starspieler abspenstig. Zumindest bei den kommenden US Open spielt der Streit noch keine Rolle.

Während eines Erdbebens ist es gewiss nicht einfach, die Hand ruhig zu halten. Gut möglich also, dass Bernd Wiesbergers Vorstellung in der ersten Runde des Londoner Auftaktturniers unter dem Wickel litt, den die neuen LIV Golf Invitational Series im Profigolfen vom Zaun gebrochen hatten.

Wenige Stunden nachdem der nordamerikanische Ableger der Professional Golfers Association (PGA) verkündet hatte, dass er alle Mitglieder suspendiert, die an der neuen Serie teilnehmen, schloss Wiesberger seine Londoner Auftaktrunde mit sieben Schlägen über Par ab – Platz 45 unter 48 Startern.

Geringe Empörung

Das war insofern kein großes Problem, als bei den Turnieren der von Saudi-Arabien mit zwei Milliarden Dollar angeschobenen Serie kein Cut nach zwei Runden spielerische Spreu vom Weizen trennt. Alle zum Teil mit Millionen gelockten Starter sind automatisch im Preisgeld. In London bekommt der Letzte noch 120.000 Dollar.

Das erklärt auch die geringe Empörung, die die Sanktion der US-PGA unter den Betroffenen auslöste. Angeführt von Phil Mickelson, der ein LIV-Antrittsgeld von 200 Millionen Dollar kassiert haben soll, traten die Stars der neuen Serie selbst bereits freiwillig aus der US-PGA-Tour aus.

Der Nordire Graeme McDowell sagte, er sei 30 Minuten vor seinem Abschlag in London widerwillig von der Tour zurückgetreten. Der Spanier Sergio Garcia wiederum sagte, dass ihn die Suspendierung nicht störe. Kaum anders dürfte es Wiesberger gehen, der vornehmlich in der DP World Tour, vormals European Tour, engagiert ist.

US Open stehen offen

Sogar bei den am Donnerstag in Brookline, Massachusetts, anhebenden 122. US Open könnte der Burgenländer abschlagen, wenn er denn wie etwa der US-Steirer Sepp Straka (als aktuell 22. der US-PGA- Money-List) qualifiziert wäre. Die United States Golf Association (USGA), die Veranstalterin des zweiten Majors des Jahres nach dem Masters, teilte mit, stolz auf die "offenste Meisterschaft der Welt" zu sein. Spieler, die sich das Recht verdient hätten, an der diesjährigen Ausgabe teilzunehmen, würden diese Möglichkeit auch bekommen. Diese Entscheidung solle allerdings nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die USGA eine alternative Organisationseinheit oder Aktionen oder Kommentare einzelner Spieler unterstütze.

Profis wie Dustin Johnson oder Mickelson, die in der neuen Serie absahnen, aber ungeachtet dessen auch die vier größten Turniere ihres Sports mitnehmen wollen, kommt das entgegen. Der Brite Ian Poulter will im Gegensatz zu seinen beiden US-Kollegen die Suspendierung von der US-PGA-Tour anfechten. "Ich werde auf jeden Fall Berufung einlegen. Es macht keinen Sinn", sagte die ehemalige Nummer fünf der Welt. "Zwei Tourkarten zu haben und die Möglichkeit, auf der ganzen Welt Golf zu spielen, was ist daran falsch?", fragte Poulter in Richtung US-PGA-Tour-Chef Jay Monahan, der am Donnerstag die Suspendierungen bekanntgegeben hatte. "Ich habe meine Mitgliedschaft nicht gekündigt, weil ich nicht das Gefühl habe, etwas falsch gemacht zu haben. Ich habe 25 Jahre lang auf der ganzen Welt gespielt", sagte Poulter.

Ohne Woods

LIV Golf, vom ehemaligen australischen Golfstar Greg Norman gemanagt, nannte die Maßnahmen der US-PGA "rachsüchtig". Die Kritik wegen des Investments aus Saudi-Arabien, das seit Jahren sein Image mit exklusiven Sportveranstaltungen aufzupolieren versucht, ficht Norman, den sie einst "Weißen Hai" nannten, nicht an. Spieler wie der Deutsche Martin Kaymer stellen ganz offen ihre moralischen Bedenken hintan. Man müsse verstehen, "in welcher Phase meiner Karriere ich mich befinde", sagte der 37-Jährige. Er würde "gern gegen die Besten der Welt spielen, aber ich kann es nicht". Der Gewinner von zwei Major-Turnieren wartet seit acht Jahren auf einen Sieg, im Ranking wird er nur noch auf Position 215 geführt, zuletzt hatte er keine volle US-PGA-Tourkarte. Eine neue hätte er so schnell nicht erhalten.

Aus einer anderen Warte argumentierte Rory McIlroy. "Es ist offensichtlich, dass Geld oft ein entscheidender Faktor ist. Aber nicht jede auf Geld basierende Entscheidung im Leben geht in die richtige Richtung", sagte der Nordire, der bisher vier Major-Turniere gewonnen und schon 63 Millionen Dollar an Preisgeld zusammengespielt hatte. Auch Tiger Woods dürfte so denken. Der Superstar der Szene, der bei den US Open nicht abschlagen wird, soll ein Angebot über mehrere Hundert Millionen Dollar für seine Teilnahme an den LIV Golf Invitational Series dankend ausgeschlagen haben. (sid, red, 10.6.2022)