Schnecken sind hungrig – den Salat im Garten hatten sie innerhalb von zwei Tagen aufgegessen.

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Wenn Freunde meinen, dass mein Portfolio an sinnvollen Fähigkeiten begrenzt sei – womit sie ja auch recht haben –, muss ich dennoch darauf bestehen, dass ich eine Sache richtig gut kann: Nacktschnecken finden. Das ist allein meinem intensiven Training geschuldet.

Jeden Morgen, wenn der Kaffee so weit unten ist, dass die Wahrscheinlichkeit groß genug ist, dass er dort auch trotz der bevorstehenden Aufgabe bleibt, gehe ich in den Garten. In der einen Hand ein leeres Gurkenglas, in der anderen eine Pinzette, die ich schon lange nicht mehr zum Kochen verwende und die inzwischen auch Küchenverbot hat. Und dann klaube ich minutenlang Nacktschnecken auf, stecke sie in das Glas, um sie danach mit kochendem Wasser eiskalt umzubringen.

Für gewöhnlich rette ich sogar Stubenfliegen und bringe sie ins Freie. Entsprechend schwer fällt mir der Killerakt mit den Schnecken. Aber es geht nicht anders. Vergangenes Jahr habe ich sie noch im Gemüsebeet eingesammelt und in einen anderen Teil des Gartens gebracht, wo sie weniger Schaden anrichten können. Der Erfolg war bescheiden.

Die fittesten Schnecken der Welt

Ein Teil dieser Schnecken hat sich an das karge Leben angepasst, die anderen, die stets den Weg zurück zum Gemüse nahmen, sind die fittesten Schnecken der Welt. Doch es ist vorbei mit der Gnade.

Zwei Tage nachdem meine Frau den Salat gesetzt hatte, rückte sie wieder aus, um neuen zu besorgen, denn lediglich von einem Häuptel waren noch ein paar kümmerliche Blätter da. Noch schauen die neuen Pflanzerln gut aus, auch wenn ich nie alle Schnecken finden werde. Und sehe ich eines Tages keine mehr, brauch ich wohl nur eine neue Brille. Andererseits klärt das endlich auch die Frage, wem wir, die wir ja keine Kinder haben, einmal Haus und Grund vermachen werden. (Guido Gluschitsch, 10.6.2022)