Unter großem medialem Interesse sagte der Dritte Nationalratspräsident und frühere FPÖ-Chef Norbert Hofer am Freitag vor dem Wiener Straflandesgericht aus.

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Freundschaft! Das ist eigentlich der Gruß der politisch Linken – aber hört man den Aussagen im Prozess gegen Heinz-Christian Strache zu, hätte er auch in der FPÖ seinen Platz. Denn Freundschaft ist im Wiener Straflandesgericht das große Thema: jene zwischen Strache und dem Unternehmer Siegfried Stieglitz; und jene zwischen den beiden und dem früheren Verkehrsminister Norbert Hofer.

Spätestens in der türkis-blauen Ära konnten alle drei gut miteinander, wie Hofer am Freitag als Zeuge aussagte. Es habe sich ein "freundschaftliches Verhältnis" zu Stieglitz entwickelt, nachdem er den Unternehmer im Sommer 2017 auf der Dachterrasse des Hotels Ritz-Carlton kennengelernt habe, erzählte Hofer. Man habe sich privat ausgetauscht, etwa über den Tod von Stieglitz' Hund; ein "enger Freund" sei der Unternehmer für Hofer aber nicht geworden, solche habe er nur vier oder fünf.

Bestechung oder Party

Warum das alles für das Gericht relevant ist: Es geht um die Frage, ob die Bestellung von Stieglitz zum Aufsichtsratsmitglied der Asfinag wegen dessen Qualifikationen erfolgte oder ob es sich um Bestechung handelte. Zu den inkriminierten Handlungen gehört auch eine Einladung, die Stieglitz anlässlich seines 50. Geburtstags an Hofer und Strache ausgesprochen hat: nämlich zu einer Reise nach Dubai. Hofer hat sofort abgesagt, Strache erst später – und Letzterer ist auch dafür angeklagt. Und so muss Richterin Mona Zink nun ergründen, ob die Reiseeinladung unter Freunden erfolgte oder ob es sich um Bestechung handelte.

Wichtig ist für sie auch, ob Stieglitz die nötigen Qualifikationen für seine Rolle als Aufsichtsrat mitgebracht oder ob ihn Hofer auf Druck von Strache und wegen der Spende an den FPÖ-nahen Verein Austria in Motion zum Asfinag-Aufsichtsratsmitglied gemacht hat. Da entlastete Hofer Strache großflächig: Man habe in seinem Kabinett im Verkehrsministerium eine Liste mit Personen aufliegen gehabt, die über entsprechende Kompetenzen für Aufsichtsräte verfügt hätten.

So sei Stieglitz bei der Asfinag zum Zug gekommen – im Umfeld der ÖBB, wo Stieglitz eigentlich hinwollte, habe man hingegen andere Fähigkeiten gebraucht, etwa Expertise im Finanzbereich.

Von Stieglitz’ Spende an Austria in Motion habe er erst später erfahren, gab Hofer an. In die Entstehungsgeschichte dieses Vereins gab FPÖ-Bundesgeschäftsführer Joachim Weixelbaum neue Einblicke.

Schmuddelkind FPÖ

Er sei bei der Gründung des Vereins dabei gewesen, weil er "eine Unterschrift leisten" musste, sagte Weixelbaum. Finanziert habe sich Austria in Motion durch Spenden, welche Rolle Strache da gespielt habe, wisse er nicht. Weixelbaum selbst habe Stieglitz davon erzählt, dass er "anonym" an den Verein überweisen könne; bei einer offiziellen Spende sei hingegen eine Meldung an den Rechnungshof nötig.

Viele Unternehmen wollten nicht mit der FPÖ in Verbindung gebracht werden, sagte Weixelbaum sinngemäß. Auch Strache hatte schon in dieselbe Kerbe geschlagen, als er die Funktion der FPÖ-nahen Vereine am Mittwoch beschrieben hatte. So habe Austria in Motion beispielsweise Vortragende gewinnen wollen, die nicht auf offiziellen FPÖ-Veranstaltungen auftreten mochten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) deutete hingegen an, dass Strache Kickbacks von Vereinsspenden erhalten hatte, was dieser bestreitet. Hier läuft jedenfalls ein separates Ermittlungsverfahren, für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Der Prozess wird Mitte Juli fortgesetzt. Für Strache könnte es bereits die zweite nicht rechtskräftige Verurteilung werden. In einem ähnlich gelagerten Falls, der im Sommer 2021 verhandelt worden ist, läuft gerade ein Berufungsverfahren.

Freunde sind die drei noch heute, Strache und Hofer haben sich zu Jahresbeginn versöhnt. "Freundschaft ist wichtiger als Politik", twitterte Hofer damals. (Fabian Schmid, Renate Graber, 10.6.2022)