Das Springer-Schlössl: Sitz der ÖVP-Parteiakademie und Hotel.

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Die ÖVP und die Corona-Hilfen, das ist eine pikante Geschichte. Sie begann damit, dass der oberösterreichische Seniorenbund über Vereine fast zwei Millionen Euro aus dem "Non-Profit-Organisationen-Unterstützungsfonds" des Bundes kassiert hat – obwohl Parteien und ihre Teilorganisationen davon ausgeschlossen sind. Nun sind zwei neue Kapitel dazugekommen. Stein des Anstoßes sind diesmal Förderungen für das türkise Springer-Schlössl und an ÖVP-nahe Vereine sowie ÖVP-Teilorganisationen in anderen Bundesländern. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Frage: Warum ist jetzt ausgerechnet das Springer-Schlössl Teil der Diskussion um die Corona-Hilfen?

Antwort: Das ist der Fall, weil das in die Jahre gekommene Gebäude in Wien-Meidling nicht nur ein Seminarhotel ist, sondern auch die Politische Akademie der ÖVP – also die türkise Parteiakademie – beheimatet. Dieser gehört die Betriebsgesellschaft des Hotels. Eben diese Gesellschaft hat Corona-Hilfen beantragt und überwiesen bekommen, wie Ö1 informierte. Konkret geht es um 185.000 Euro als Umsatzersatz Ende 2020 – DER STANDARD berichtete über einen Teil. Zusätzlich flossen weitere 220.000 Euro aus dem NPO-Fonds an die türkise Gesellschaft.

Frage: Ist das problematisch?

Antwort: Vor allem die Optik ist schief. Laut dem Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) durften Parteiakademien, die 2021 mit insgesamt 10,5 Millionen Euro staatlich gefördert wurden, Geld aus dem NPO-Fonds beantragen. Warum? Weil Akademien per Gesetz gemeinnützig sein müssen und somit anspruchsberechtigt sind. Bei der ÖVP-Akademie handelt es sich formal auch nicht um eine Teilorganisation. Direkt habe keine Parteiakademie Hilfe aus dem Fonds abgeholt, heißt es aus Koglers Ministerium, jene der ÖVP indirekt über die Hotelgesellschaft. Einen Grund, den Fall zu prüfen, sieht man nicht.

Frage: Haben andere Parteien auch Hotels oder Pensionen?

Antwort: Die Grünen und die Neos laut Eigenangaben nicht. Die SPÖ seit 2018 auch nicht: Damals verkaufte sie das Gartenhotel Altmannsdorf, einst Sitz des roten Renner-Instituts. Die Bundes-FPÖ besitzt auch keine Beherbergungsbetriebe, aber das Bildungsinstitut St. Jakob in Osttirol ist ein Verein der Wiener FPÖ. In dessen Pension Enzian bunkerte die FPÖ Goldbarren.

Frage: Welche ÖVP-nahen Vereine sind darüber hinaus betroffen?

Antwort: Eine parlamentarische Anfrage der Neos an Kogler zeigt, dass von Juli 2020 bis März 2022 fast nur türkise Vorfeldorganisationen, damit assoziierte Vereine (zum Beispiel Seniorenbünde) sowie weitere ÖVP-nahe Vereine (etwa Schülerunion) nicht nur in Oberösterreich, sondern (mit Ausnahme von Salzburg) auch in den anderen Bundesländern rund 1,46 Millionen Euro aus dem NPO-Fonds kassierten.

Frage: Hat das Konsequenzen?

Antwort: Das prüft Koglers Ministerium derzeit. Möglich ist, dass der Bezug der Gelder durch die Seniorenbünde, sowie – wie nun bekannt wurde – die JVP Niederösterreich (sie kassierte 3.270 Euro) rechtlich problematisch sein könnte. Dabei handelt es sich laut den Parteistatuten um Teilorganisationen der ÖVP. Der Tiroler Seniorenbund argumentierte zuletzt zwar damit, dass die Gelder, wie in Oberösterreich, an einen ausgelagerten Verein und damit nicht an eine Teilorganisation flossen. Allerdings unterstreicht der Rechnungshof in seiner jüngsten Analyse zum ÖVP-Rechenschaftsbericht für 2019, dass dem Seniorenbund sämtliche Vereinskonstruktionen zuzurechnen sind. Damit sind Hilfszahlungen aus dem NPO-Fonds ausgeschlossen. Anders verhält sich das bei der ebenfalls betroffenen Schülerunion oder der studentischen Aktionsgemeinschaft. In den türkisen Statuten sind sie nicht als Teilorganisationen gelistet. Wenn sie der ÖVP nur nahestehen, können sie Gelder aus dem NPO-Fonds beantragen. Sicherheitshalber werde aber auch hier geprüft, heißt es aus Koglers Ressort.

Frage: Sind auch andere Parteien betroffen?

Antwort: Abgesehen von Vereinen in türkisen Kreisen scheint in der Anfragebeantwortung der SPÖ-nahe Pensionistenverband Österreich auf. Eine an diesen bezahlte Förderung über 1740 Euro habe man zurückbekommen, heißt es. Bereits bekannt war, dass der Ring Freiheitlicher Jugend in Österreich rund 1.600 Euro und das Reisebüro des Pensionistenverbands 111.349 Euro aus dem Fonds bekommen hat. (Jan Michael Marchart, Stefanie Rachbauer, 10.6.2022)