Die aktuelle schwarz-grüne Regierung rauft mit zwei Megakrisen, der Pandemie und dem Ukraine-Krieg, die wiederum eine dritte Megakrise hervorgebracht haben, nämlich einen enormen Teuerungsschub und einen Wachstumsrückgang. Die Erfolge sind bisher nicht berauschend.

Aber schon die vorige türkis-grüne und davor türkis-blaue Regierung erreichte trotz vollen Propagandagefiedels relativ wenig. Die gesundheitspolitische Seite von Corona wurde völlig vernudelt, die finanzielle halbwegs durch Öffnen der Geldschleusen bewältigt. Allerdings mehren sich jetzt die Anzeichen, dass hunderte Millionen Corona-Hilfen an ÖVP-Spender und ÖVP-nahe Vereine und Organisationen ausgegeben wurden. Die Inflation ist überhaupt nicht im Griff, und die Verwerfungen der Weltwirtschaft durch den russischen Überfall auf die Ukraine durch unseren alten Spezi Wladimir werden wir noch spüren.

Die finanzielle Seite von Corona wurde halbwegs durch Öffnen der Geldschleusen bewältigt.
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Was ist da los? Kann Österreichs Politik keine Krisen mehr? Frühere Regierungen haben doch auch große Herausforderungen – Ölpreiskrise 1974, Verstaatlichtenpleite 1985/86, Zusammenbruch des Ostblocks und Jugoslawienkrieg ab 1989 – halbwegs bewältigt?

Ja, aber das war vor dem Zeitalter des Populismus. Besonders in der Corona-Krise zeigt sich einerseits die Ineffizienz der österreichischen Realverfassung, wo selbstbewusste Landeshäuptlinge sich gegen schwache Kanzler und Minister durchsetzen. Aber noch negativer wirkt die Angst schwacher Regierender vor den entfesselten Kräften populistischer Bewegungen und Stimmungen. Stringente, durchdachte Maßnahmen werden weder durchgesetzt noch gut erklärt. Kaum zeigt sich eine Scheinverbesserung der Lage, werden schon vernünftige Maßnahmen wie das Maskentragen über Bord geworfen. Ähnlich ist es bei anderen Problemen wie der Asylfrage oder insgesamt der "Integration".

Ventil der Unzufriedenen

Es ist die Angst vor einem mächtig gewordenen Populismus. Sie haben in den letzten 30 Jahren gelernt, dass die Unzufriedenen nun ein Ventil haben: Sie wählen (rechts)populistische Parteien, auch wenn die den größten Blödsinn erzählen.

Urvater des österreichischen Rechtspopulismus war natürlich Jörg Haider. Er weckte die autoritären und fremdenfeindlichen Instinkte der Österreicher, und er hatte das notwendige demagogische Talent dafür. Mit seinen Nachfolgern und diversen Protestparteien, zuletzt der Anti-Impf-Partei MFG, hat sich das verfestigt.

Die Regierenden wagen nicht mehr zu regieren. Oder sie versuchen, den Populismus zu übernehmen. Was zuletzt schiefgegangen ist (Sebastian Kurz). Auf den Aggressionspopulismus von Haider und Co folgte der schwarze und rote Feigheitspopulismus.

Die Flüchtlingswelle 2015/16 wurde besser bewältigt, als es schien, aber mit Türkis-Blau 2017 und Sebastian Kurz hatte der Rechtspopulismus endgültig Regierungsstatus. Seither wird endgültig in populistischen Kategorien gedacht. Nur niemanden – auch die kleinste Gruppe nicht – verärgern. Sachpolitik hat keinen Vorrang. So bilden sich auch keine starken Politikerinnen und Politiker heran: Welches echte Kaliber lässt sich schon auf so was ein.

Die Zeiten sind nicht gerade lustig. In Europa hat wirklich eine Zeitenwende begonnen. Da braucht Österreich Eliten, die sich von einem am Ende doch kontraproduktiven Feigheitspopulismus lösen. (Hans Rauscher, 11.6.2022)