Auf dem Papier hat die Wiener Stadtregierung alles richtig gemacht. Die Preiserhöhung bei der Fernwärme war unvermeidbar, schließlich kommt ein großer Teil der Heizleistung aus Gas. Dass sie so kräftig ausfällt, liegt daran, dass seit sechs Jahren die Preise nicht erhöht worden sind. Bereits im März hat die Stadt den von teurer Energie am stärksten Betroffenen Zuschüsse zugesagt, die über die Bundeshilfe hinausgehen. Und nun hat Bürgermeister Michael Ludwig noch mehr Geld für einen größeren Bezieherkreis versprochen.

Die Preiserhöhung bei der Fernwärme war unvermeidbar.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Dennoch droht sich die Causa Fernwärme für die SPÖ zu einem Debakel auszuweiten. Das liegt daran, dass die Bundespartei seit Monaten das Thema Teuerung zu heftigen Angriffen auf die türkis-grüne Regierung nutzt – und in der öffentlichen Meinung damit viel Erfolg hat. Fast täglich erschallen aus der SPÖ, der Arbeiterkammer und den Gewerkschaften neue Forderungen nach einer weitreichenden Entlastung der geplagten Bürgerinnen und Bürger. Soziale Treffsicherheit, Finanzierbarkeit – all das spielt bei dieser Rhetorik keine Rolle.

Die Wiener SPÖ aber muss mehr als nur fordern; sie muss umsetzen und dies auch bezahlen. Sie weiß, dass sie nicht der breiten Mittelschicht die gestiegenen Kosten ersetzen kann, so populär dies auch wäre, sondern nur den wirklich Bedürftigen. Eine kluge Sozial- und Energiepolitik als Antwort auf den Inflationsschock, wie Ökonomen sie empfehlen, ist politisch riskant. Die Populisten haben es derzeit leichter – auch in der SPÖ. (Eric Frey, 10.6.2022)