Alabas Daumen ging für die kräftige Unterstützung im Happelstadion hoch. Das Ergebnis war jedoch nicht ganz nach dem Geschmack des Kapitäns.

Foto: APA/HANS PUNZ

Ein energischer Antritt samt präzisem Abschluss von Mbappé sorgte aus Sicht der Franzosen für Schadensbegrenzung.

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Wien – Ein 1:1 gegen den Weltmeister hat das österreichische Fußball-Nationalteam am Freitag noch nicht zufriedengestellt. Die Spieler trauerten der vergebenen Siegchance in der Nations League gegen Frankreich nach und orteten weiteres Verbesserungspotenzial. Die eigenen Ansprüche sind höher geworden. Kapitän David Alaba begrüßte den neuen Spielstil, den Prozess, in dem sich das ÖFB-Team unter Neo-Trainer Ralf Rangnick befinde. Über die Vergangenheit äußerte er sich kritisch.

"Die Enttäuschung ist größer als die Freude, weil hier mehr drinnen gewesen wäre", sagte Alaba in den Katakomben des Happel-Stadions zu Journalisten. Nicht mit dem Auftritt zufrieden zu sein zeige, "wie hungrig, wie ehrgeizig" das Team sei, wie sehr es sich auch weiterentwickeln wolle. Und noch mehr: "Es zeigt einfach, dass wir vielleicht irgendwo die Schnauze voll haben von einer gewissen Art Fußball zu spielen, wie wir es vielleicht immer wieder in den Jahren zuvor hatten."

"Es macht einfach Spaß"

Rangnick hat das ÖFB-Team Ende Mai als Nachfolger von Franco Foda übernommen. Sein deutscher Landsmann hatte die Auswahl davor seit Ende 2017 betreut. "Wir sind in einem Prozess. Dieser Prozess sieht gut aus und es macht einfach Spaß", sagte Alaba über den Neustart unter Rangnick. "Wir sind geil drauf, diesen Prozess weiterzugehen und unsere Ziele zu erreichen." Ein ganz großes, auch für ihn persönlich, ist eine WM-Teilnahme. Diese hatte man unter Foda verpasst.

Gegen Frankreich waren 44.800 Zuschauer im Stadion. "Ich glaube, dass wir mit unserem Spiel die Leute aufgeweckt haben", meinte Alaba. Man habe gesehen, wozu man gemeinsam mit den Fans fähig sei. Dabei erkannte auch der Real-Madrid-Profi in der zweiten Hälfte einen Rückfall. "Wir sind tiefer gestanden, haben versucht, das 1:0 irgendwo zu halten", schilderte Alaba. "Man hat sicherlich auch irgendwo eine gewisse Müdigkeit erkannt." Er selbst musste mit Adduktorenproblemen vorzeitig vom Platz.

Bitterer Ballverlust

Wie seinem Trainer stieß auch Alaba das Gegentor zum 1:1 sauer auf. "Das dürfen wir auf dem Niveau nicht bekommen, da müssen wir einfach abgebrühter Fußball spielen. Ich glaube, diese Erfahrung haben wir", nahm der dreimalige Champions-League-Sieger seine Kollegen in die Pflicht. Ein Ballverlust nach einem eigenen Freistoß war der Ausgangspunkt für Kylian Mbappes Raketenstart. Alaba: "Da müssen wir einfach cleverer Fußball spielen."

Ob das ÖFB-Team im Vergleich zu den jüngsten Partien gegen Kroatien (3:0) und Dänemark (1:2) zugelegt habe, wollte der 29-Jährige nicht beurteilen. "Wenn wir gewonnen hätten, hätten wir Schritte nach vorne gemacht, weil wir dann diese Qualität auch noch besitzen würden, diese Spiele für uns zu entscheiden", erklärte Alaba. "Das müssen wir lernen, solche Spiele auch noch für uns zu entscheiden – auch, wenn es dreckig ist."

"Eigentlich schon Wahnsinn"

Ähnlich sah es Dauerläufer Konrad Laimer, der neuerlich eine starke Leistung bot. "In den drei Spielen haben wir immer wieder gute Akzente gezeigt, uns aber schlussendlich auch zu wenig belohnt", meinte der Leipzig-Legionär. "Wenn man das ein bisschen besser macht oder ein bisschen mehr Glück hat, muss man eigentlich alle drei Spiele gewinnen – und das ist gegen diese Nationen eigentlich schon Wahnsinn."

Sowohl gegen Dänemark als auch Frankreich kassierte man späte Gegentore. "Das ist sicher ein Punkt, den wir besser machen können und müssen, dass man sich noch mehr belohnt für den Aufwand", sagte Laimer. Bei ihm selbst waren die Folgen schon zu spüren. Wie Nebenmann Xaver Schlager spielte der 25-Jährige alle drei bisherigen Partien unter Rangnick durch. "Zu so einem Zeitpunkt der Saison geht das irgendwann schon auf den Körper, das ist normal." Am Montag (20.45 Uhr/live ORF 1) zum Abschluss gegen Dänemark will Laimer dennoch wieder mit von der Partie sein. Es gelte, Rangnicks Plan weiter zu perfektionieren.

Red-Bull-Philosophie

In diesem spielt auch Nicolas Seiwald eine wichtige Rolle. "Wir spielen intensiv, wir verteidigen gemeinsam. Wir spielen einfach einen geilen Fußball derzeit, das taugt mir richtig", sagte der 21-Jährige. Auch vom ähnlichen Spielstil seiner Nebenleute profitiere er – allen voran von Laimer und Schlager. "Das ist ein Wahnsinn, von denen kann man nur lernen", betonte Seiwald. "Sie sind auch ein bisschen Vorbilder von mir. Sie machen das richtig gut. Solche Typen braucht man in der Mannschaft."

Das ÖFB-Mittelfeld bestand gegen Frankreich ausschließlich aus Spielern mit Red-Bull-Prägung. Seiwald ist der jüngste davon. "Wir haben schon richtig reif gespielt, vor allem in der ersten Hälfte", meinte der Salzburg-Youngster. Der späte 1:1-Ausgleich sei bitter und dürfe so nicht passieren. "Da sind wir ein bisschen zu hoch gestanden." Besser machen will er es in Kopenhagen. "Wir wollen aus dem ersten Spiel gegen die Dänen lernen." (APA, 11.6.2022)